Barockpistolenpaar von Paufile à Lyon (um 1690)


Geschichte


Text: Jürgen Ruoff

Nach der Entwicklung des französischen Steinschlosses durch Marin le Bourgeoy aus Lisieux in der Zeit zwischen 1605 und 1610 wurden in der Folgezeit die französischen Büchsenmacher aus Paris führend in Europa. Es entstanden nach ihren Arbeiten Musterbücher für die Gestaltung und Ausschmückung von Schusswaffen, z.B. von Claude Simonin 1680, Nicolas Guérard um 1720, De Lacollombe 1730, De Marteau 1749 und Augustin Dupré Mitte des 18. Jahrhunderts.In ganz Europa fertigten Büchsenmacher nach diesen Vorlagen Feuerwaffen, um mit ihren französischen, überwiegend Pariser Kollegen konkurrieren zu können. So stand synonym in der Zeit des Barocks (ca. 1600 – 1730) und des Rokokos (ca. 1730 –1770/80) die Signatur eines Büchsenmachers aus Paris auf einer Schusswaffe für Güte und Exklusivität. Trotz des erdrückenden Übergewichts der Pariser Meister konnten einige Büchsenmacher in anderen Städten Frankreichs, z.B. in Lyon, durch ihre Arbeiten einen guten Ruf erlangen. Dies beweist das vorliegende Pistolenpaar, das höchsten Ansprüchen genügt und im klassischen Stil (Louis XIV) gefertigt ist. Zieht man die Musterblätter von Claude Simonin von 1680 heran, so ist in enger Anlehnung an die Vorlagen der Lauf durch geschnittene Kehlungen (Balusterringe) in vier Teile unterteilt. Das rückwärtige Ende des ersten Teils ist achtkantig. Von den vorhandenen acht Flächen sind fünf zu sehen, drei werden vom Laufbett verdeckt. Auf der Laufschiene ist die Signatur eingraviert. Die Fortsetzung des Laufes ist sechzehnflächig, sichtbar davon neun. Die Kanten sind gebrochen (kanneliert) und mit Eisenschnitt und Gravuren verziert. Nach Balusterringe geht der Lauf in rund über als dritter Abschnitt. Auf diesem ist ein antiker Krieger mit Waffen im Zelt graviert. Nach weiteren Balusterringen ist der vierte, letzte Teil bis zur Mündung rund und ohne Gravur.

Das Schloss ist vorliegend und dem Stil der Zeit entsprechend gewölbt („rondezà la mode“), der Rand der Schlossplatte ist gebördelt und durch Randlinien begrenzt. Die Gravur zeigt hinter dem Hahn einen Knecht, der ein Ross bändigt und vor dem Hahn einen Kavalier zu Pferd, der einen Kontrahenten niedergestreckt hat. Um die runde Zündpfanne ist die Schlossplatte ebenfalls signiert.

Die Schlossgegenplatte ist durchbrochen und äußerst filigran mit Blütenranken und Monsterköpfen hergestellt. Auch hier hält sich Paufile sehr eng an die Mustervorlage von Simonin. Durch die Verwendung dieser Musterblätter ähneln sich die Arbeiten der bedeutenden französischen Büchsenmacher. So befindet sich in der Clay P. Bedford Collection ein Pistolenpaar von Thuraine à Paris, ca. 1685, das besonders dem vorgestellten in Bezug auf die Schlossgegenplatte und die Beschläge ähnelt.

Die eisernen Beschläge sind äußerst aufwendig gestaltet und auf dem Abzugsbügel und Knauf vorzüglich graviert.Für den Schaft verwendete Paufile Nussbaumwurzelholz aus Grenoble, das durch seine Maserung und den goldbraunen Farbton sehr begehrt war und bei hoch-wertigen Schäften gerne verwendet worden ist. Auf dem Griffrücken ist ein durchbrochenes Besitzermedaillon angebracht, das in ähnlicher Form auch an einem Pistolenpaar von Hermann Bongarde, Düsseldorf 1685 vorzufinden ist. Bongarde war nahezu der einzige deutsche Büchsenmacher um 1700, dessen Stücke den der französischen Meister in nichts nachgestanden sind.

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