Hirschfänger und Jagdplaute

Text : B. Frey - Fotos : H. Hedtrich

Abgebildet sind zwei Hirschfänger und eine Jagdplaute. Beide Arten gehören zu den "kalten" Jagdwaffen und stellen kurzklingige Griffwaffen dar (langklingig: Jagdschwerter und -säbel). Als Hirschfänger bezeichnet wird die Seitenwaffe des Jägers mit gerader, im "Ort" (Spitze) zweischneidig geschliffene Klinge zum Abfangen von Rot- und Damwild, aber auch von geringen Sauen. Der Fangstoß wurde schräg von vorne in das Herz des von Hunden gestellten oder krankgeschossenen Wildes geführt. Die Hochblüte des Hirschfängers war im 18. Jahrhundert bei den Feudaljagden. Er stellte das Kennzeichen und Ehrenzeichen des "hirschgerechten" Jägers dar. Da sich Form und Ausführung nach dem Wunsch und Geschmack des Trägers und dem herrschenden Stil richten, gibt es eine Vielfalt von Arten. In der Rokokozeit waren Hirschfänger und Jagdplauten ähnlich wie Galanteriedegen Bestandteil der Kleidung. Überlebt haben die Hirschfänger in der Rolle eines Bestandteils der Jagd- und Forstuniform. Im 18. Jahrhundert gab es auch sog. Jagdplauten, die aus dem militärischen Kurzsäbeln abgeleitet waren, was nicht selten die Klingeninschrift "Vivat Pandur" belegt. Plauten wurden hauptsächlich bei der Parforcejagd verwendet, um dem gestellten Hirsch die Sehnen der Hinterläufe zu durchtrennen, damit er nicht mehr fliehen konnte. Dieses "Hessen" geschah vom Pferd aus oder durch einen Jagdknecht zu Fuß. Die gebogene Klinge ermöglichte dabei einen ziehenden Schnitt, der wirksamer war als ein bloser Schlag. Notfalls konnte die Plaute auch zum Abfangen verwendet werden.

Die angeführten Jagdmethoden sind nur aus der damaligen Zeit heraus zu verstehen und können von uns heutigen Menschen im Hinblick auf den Tierschutz nicht nachvollzogen werden. Doch sind Hirschfänger und Plauten Belegstücke aus der früheren Zeit und aufgrund ihrer Typenvielfalt und ihrer künstlerischen Ausgestaltung interessante Sammelobjekte.

 Der leichte Rokokohirschfänger (Mitte 18. Jahrhundert) besitzt ein Gefäß aus Messingguß bestehend aus einem Griff in Form eines Hirschlaufs, einer Parierstange mit Hirschlaufenden und einem zierlichen, leicht abgebogenen Stichblatt. Die Klinge setzt sich in einer Angel fort, die oben an Knaufende vernietet ist. Sie ist 49 cm lang und hat einen beidseitig nach außen gewölbten Querschnitt. Am Stichblatt ist sie knapp 3 cm breit. Die Gesamtlänge beträgt 62 cm.

Der kräftige Gebrauchshirschfänger aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat einen messingmontierten Hirschorngriff, eine gerade Parierstange und ein ausgeprägtes, muschelförmiges Stichblatt. Das Vernietknäufchen oben am Griff ist gerillt. Die Klinge ist rückseitig eben, vorderseitig eingewölbt, mit der Signatur "G. H. Kohl Waffenfabric in Stuttgart" versehen, 3,5 cm breit und 42 cm lang. Die Gesamtlänge beträgt 60,5 cm, die messingmontierte Scheide ist aus dunklem Leder.

Die Plaute aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts hat einen Griffrahmen aus Messing mit Resten der Vergoldung und aufgelegte, vernietete Hirschhornplatten. Die Verzierungen am Gefäß sind im Barockstil ausgeführt, auf der Klinge, die 3,3 cm breit und 50 cm lang ist wurde auf beiden Seiten der erste Abschnitt des Johannes - Evangeliums "Am Anfang war das Wort - - -" eingraviert. Darüber sind Abbildungen von Jesus am Kreuz und Maria mit dem Kind.


Literatur :

Seifert, Gerhard, "Der Hirschfänger", Schwäbisch Hall, 1973

Stiegler, Martin, "Europäische Hirschfänger", Berching , 1994