Das „Stun Gun“ von MB Associates

von Gregor Wensing

Die Firma MB Associates (nach den Gründern Robert Mainhardt und Art Biehl benannt) im kalifornischen San Ramon entwickelte in den 1960er Jahren verschiedene ungewöhnliche Schusswaffen, z.B. die Gyrojet-Waffen, die Raketen-Geschosse verwendeten. Diese Waffen konnten sich nicht am Markt etablieren, erfuhren aber eine Ehrung dergestalt, dass sie im James-Bond-Film „Liebesgrüße aus Moskau“ erwähnt werden.

Eine weitere Entwicklung ist das „Stun Gun Mark 70 Model 2“, welches gedacht war, nicht-tödliche Munition zu verschießen.

Seit den 60er Jahren gibt es Spezialgeschosse, welche einen Angreifer kampfunfähig machen sollen, ohne diesen jedoch tödlich zu verletzen. Die Polizeien von Ländern wie Großbritannien – hier insbesondere in Nordirland –, Spanien oder die Schweiz verwenden derartige Waffen bereits seit Jahren. Die Entwicklung einer Vielzahl verschiedener den Einsatzzwecken angepasster Wucht- und Schrotgeschosse wurde besonderes in Großbritannien und in den USA vorangetrieben.

Bei dem hier vorliegenden Gerät (von einem „Gewehr“ zu sprechen ist fast zu kühn) kann der Schütze nur einzelne Patronen des Kalibers 40mm laden. Diese sind aber mit verschiedenen Geschossen geladen, seien es einzelne große oder mehrere kleine oder auch kleine Nylonsäckchen, welche mit Blei- oder Plastikschrot gefüllt sind.

Man ist bei seinem Anblick geneigt, wegen der einfachen Konstruktion an frühe Feuerwaffen – die Stangenbüchsen - zu denken …

Einige „Stun Gun Mark 70 Model 2“ wurden 1973 im Auftrag der Polizeiführungsakademie im westfälischen Hiltrup für die deutsche Polizei getestet. Damals gab es die Vorstellung, dass man mit geeigneten Waffen innerhalb einer gewaltbereiten Menge gezielt die Anstifter ausschalten könne, ohne dabei eine u.U. schädliche Breitenwirkung zu erzielen (wie z.B. mit einem Wasserwerfer) oder dass man diejenigen kampfunfähig machen könne, die eine an sich friedliche Demonstration nutzen wollten, um aus der Sicherheit der umgebenden friedlichen Demonstranten heraus die Polizei anzugreifen.

Das Stun-Gun besteht lediglich aus einem Holzschaft, an dem ein Griffstück aus Plastik angebracht ist, welches wiederum den Systemkasten trägt, an dessen Ende der Lauf mit seinem wegdrehbaren Patronenlager hängt. Im röhrenförmigen Plastikgriffstück ruht der Schlagbolzenmechanismus, welcher durch einen Spannknopf zu spannen ist. Es gibt eine Sicherungsrast bei zurückgezogenem Schlagbolzen aber keinen Abzugsmechanismus, so dass der Schuss durch einfaches Loslassen des Spannknopfes ausgelöst wird. Da bei dieser Art der Schussauslösung keine große Präzision erwartet werden kann, wurde auf eine ernst zu nehmende Visierung verzichtet.

Ein in der Medizinischen Hochschule Hannover am 4. Mai 1973 erstelltes Gutachten kam jedoch zu einem vernichtenden Urteil: „Das zur Beurteilung vorliegende Stun-Gun ist vom Hersteller für den Einsatz bis zu etwa 20 m konzipiert (wegen der seitlichen Streuung, einer fehlenden Zieleinrichtung und der Ausbildung als Schlagstock). In diesem Bereich ist Eindringtiefe und Schadvolumen erheblich.

Im Einvernehmen mit … der Unfallchirurgischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover stellen wir daher fest, daß das Stun-Gun mit Stun-Bag TM-Munition für die … resultierenden Einsatzbedingungen wegen möglicher lebensgefährlicher Verletzungen Getroffener nicht geeignet ist.“

Zwar gilt dieses Gutachten korrekt betrachtet lediglich für die bei diesem Test verwandte Munition – das „Long-Range Stun-Bag TM, einem runden Leinenkissen von 80 mm Durchmesser mit einem inneren Beutel aus PVC-Folie, welcher mit Bleischrot von 2,2 mm Durchmesser gefüllt ist -, doch kann sicherlich auf die anderen zu verschießenden Projektile übertragen werden, dass bei einer Verwendung innerhalb einer Distanz, auf welcher ein gezielter Schuss möglich ist, mit den verschossenen Projektilen u.U. tödliche Verletzungen verursacht werden können. Auch kam es zu einer Umgebungsgefährdung durch herumfliegende Bleigeschosse, wenn das Kissen auf einen festen Widerstand prallte und dabei aufriss. Bei der Verwendung auf Distanzen, wo die kinetische Energie nicht mehr für tödliche Verletzungen ausreicht, ist dagegen die Zielgenauigkeit so gering, dass ein anvisierter Rädelsführer nicht sicher zu treffen ist. Aus diesem Grunde erschien ein Einsatz bei der deutschen Polizei nicht vertretbar.

Dem folgte man bei der Polizeiführungsakademie und riet von einer Einführung bei deutschen Polizeibehörden ab.

Beschriftung der Kammer:

MBA ASSOCIATES

SAN RAMON, CALIF.

MARK 70 MODEL 2

PATENTS PENDING

U.S. AND FOREIGN

Quellen:

  1. Gutachten der Medizinischen Hochschule Hannover vom 4. Mai 1973
  2. http://www.nadir.org/nadir/initiativ/sanis/archiv/gummi/kap_03.htm