Die lange Pistole 08

Geschichte


Vor genau 90 Jahren, am 03.06.1913, verfügte Kaiser Wilhelm II.

"Auf den Mir gehaltenen Vortrag genehmige Ich das Mir vorlegegte Muster einer Selbstladepistole mit Schulterstück unter der Benennung "Lange Pistole 08". In Ergänzung meiner Ordre vom 22. August 1908 bestimme ich, daß die Feldartillerie und die Flieger nach Maßgabe der verfügbaren Mittel mit der langen Pistole 08 bewaffnet werden. Außerdem kann sie in der Ausrüstung der Festungen Aufnahme finden. Das Kriegsministerium hat das Weitere zu veranlassen
Berlin, den 3. Juni 1913.
Wilhelm"

Die Kanoniere der Feldartillerie waren 1907 mit dem Revolver 83 bewaffnet. In Truppenversuchen sollte geklärt werden, welche Art von Waffe den Revolver zukünftig ersetzen sollte. Da die Waffe ohnehin nur zur Selbstverteidigung und zur Abwehr überraschender Angriffe gedacht war, glaubte man, auf die Leitung eines (wenn auch kurzen) Gewehrs verichten zu können, lehte deshalb das Gewehr 91 und den Karabiner 98 als zu lang und bei der Geschützbedienung hinderlich ab und forderte dagegen die Bewaffnung mit der Pistole 08, aber mit einem längeren Lauf und einem ansetzbaren Schulterstück.
Ende 1911 wurden deshalb in der Gewehrprüfungskommission in Spandau-Ruhleben Versuche mit Pistolen 08 mit verlängertem Lauf und Anschlagschaft aufgenommen, die bis zum Sommer des Jahres 1913 abgeschlossen wurden. Insbesondere die Konstruktion des Visiers erforderte viel Zeit.
Die gemeinsam von Georg Luger und der Gewehrprüfungskommission entwickelte gleicht technisch der Pistole 08, hat aber einen 20 cm langen Lauf und eine bis 800m reichende verstellbare Visierung auf dem Lauf.
Zur Waffe gehörte ein Anschlagbrett, das die Verwendung der langen Pistole 08 als Karabinerersatz ermöglichen sollte. Auf dem Anschlagbrett war die Pistolentasche befestigt. Die sonstige Ausrüstung ist wie bei der Pistole 08, also auch mit zwei nummerngleichen Magazinen. Es war vorgesehen, von 1914 ab in einem Zeitraum von 5 Jahren dieKanoniere der Feldartillerie mit der langen Pistole 08 zu bewaffnen. Die ersten Pistolen gelangten kurz vor Beginn des ersten Weltkriegs in die Hände der Soldaten, die Massenfertigung lief aber erst nach Kriegsbeginn an.
Im ersten Weltkrieg wurde die Waffe bei der Feldartillerie (die kurz nach Kriegsbeginn dringend nach Karabinern verlangte!), bei den Fliegern (die kurz nach Kriegsbeginn ihre Flugzeuge mit Maschinengewehren bewaffneten), hauptsächlich aber bei der Infanterie, bei Sturmkompanien und in Jägerbataillonen verwendet.
Ab 1916/17 wurde zur Waffe auch ein 32-Schuß-Trommelmagazin verwendet, das sich insbesondere bei der Abwehr gegnerischer Sturmangriffe gut bewährte. In Auswertung der hier gewonnenen Erfahrungen wurde dann 1918 die erste echte Maschinenpistole konstruiert (MP 18 I).
Bis Ende der zwanziger Jahre wurde die lange Pistole 08“ auch bei der Polizei geführt, und zwar bei den Landjägern. Auch im zweiten Weltkrieg war die Waffe (in geringer Stückzahl) noch im Einsatz.
Die Waffe wurde nur von 1913 bis zum Ende des ersten Weltkrieges gefertigt. Die Masse an langen Pistolen 08 wurde bei DWM gefertigt, Pistolen aus Erfurt-Produktion sind verhältnismäßig selten. Genaue Angaben über die Produktion sind nicht verfügbar, nach zuverlässigen Schätzungen wurden zwischen 190.000 und 200.000 lange Pistolen 08 gefertigt.
Produktionsjahr Gewehrfabrik Erfurt DMW Berlin
1914 ca. 22.500 -
1915 - ca. 6.000
1916 - ca. 18.000
1917 - ca. 137.500
1918 - ca. 14.000
Allerdings sind Lieferungen aus Erfurt auch noch für das Jahr 1915 belegbar.
(c)W.Finze; zuletzt geändert:
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