1) Eine Definition: Was ist ein "Waffen- oder Munitionssammler"?

Im Gegensatz zu der von den Medien gepflegten Meinung beschränkt sich die Tätigkeit eines Waffen- oder Munitionssammlers nicht auf das Anhäufen von Waffen und/oder Patronen und Bewundern dieser Exponate.

Ein "Sammler" stellt - allgemein betrachtet - vielmehr Gegenstände nach einem System zusammen, die sein zielgerichtetes Interesse erweckt haben. Über eine kurze Phase einer allgemeinen Sammeltätigkeit kommt er rasch zu einem geplanten, gezielten und bewussten Sammeln und fokussiert sein Interesse damit auf einen umschriebenen Themenkomplex. Selbst wenn sein Interesse zu Beginn der Sammeltätigkeit weit gestreut war, wird sich bald der Wunsch entwickeln, über die zusammengetragenen Geräte mehr zu wissen, sei es aus historischer, kultureller oder insbesondere technischer Sicht.

Anderenfalls verliert er seine anfängliche Begeisterung und wendet sich anderen Dingen zu. Den "Generalsammler" alter Prägung, der genügend Platz und Geldmittel besitzt, sich quasi alles zu kaufen was ihm erstehenswert scheint, gibt es heute wohl kaum noch.

Der angehende Sammler von Waffen und Munition entdeckt irgendwann - oft über die intensive Beschäftigung mit dem Schießsport bzw. der Jagd - sein Interesse an den technischen und historischen Aspekten seiner Sport- oder Jagdwaffen. Es gibt aber auch Quereinsteiger, die über die Beschäftigung mit der (Technik- oder Zeit-)Geschichte den Weg zum systematischen Sammeln von Waffen, Munition und des dazu passenden Zubehörs finden.

Dabei opfern private Sammler (Frei-)Zeit und Geld, um sich der Erhaltung von Kulturgegenständen zu widmen - und dies oftmals gegen erheblichen Widerstand von Behörden.

Dr.Ilse Bechthold, Sprecherin der Gustav-Heinemann-Initiative e.V., hat dabei den sicherheitsrelevanten Part genau erkannt, als sie in einer Denkschrift die "harmlosen Waffensammler" hervorhob.

Das Engagement für seinen Privatbesitz ist bester Garant nicht allein für eine pflegliche Behandlung*, sondern noch viel mehr für eine sichere Aufbewahrung - wer hat denn den größten Nachteil bei einem Verlust, wenn nicht der Sammler, welcher nicht allein den materiellen sondern vor allem doch den ideellen Wert des verschwundenen Exponates zu beklagen hat?

Der Sammler befasst sich mit Vergangenem. Dies erlaubt ihm jedoch auch einen Blick in die Zukunft, da er weiß, dass alles beständig im Fluss ist (panta rhei (Heraklid) -).

Bei der Akzeleration der technischen Entwicklung wird es allerdings keine fünf Jahrhunderte dauern, bis die Waffen, die gegenwärtig Unruhe bei Politik und Verwaltungsbürokratie erzeugen, als antiquierte Repräsentanten der Geschichte belächelt werden - wenn es sie dann noch gibt. Schon heute müht sich kein Krimineller mit den frühen Selbstladepistolen aus der Wende zum 20.Jahrhundert ab.

(weitere Ausführungen bei Manfred Sommer, Sammeln Ein philosophischer Versuch [Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999])

2) Privatiniativen in der freien Gesellschaft: Welche Funktion übt der Sammler darin aus?

"Private Sammler sind in der heutigen Zeit die Träger der Kulturbewahrung." (Dr.Bodo Schwalm, Leiter des Museum im Stadtpark, Grevenbroich).

Es muss einmal klargestellt werden, dass "Sammler" und "Händler" eine Einheit bilden: beide zusammen garantieren die Entdeckung und Konservierung von Gegenständen. Strebt der "Händler" (legitimerweise) nach Profit und ist so permanent auf der Suche nach neu zu erschließenden Quellen, so hat er im "Sammler" einen sicheren Abnehmer für die Resultate seines Bemühens. Der "Sammler" wiederum hat in den lizensierten Händlern die seriösen Ansprechpartner, die ihm die Suche nach neuen Exponaten erleichtern.

Ohne Sammler gibt es daher auch keine spezialisierten Händler und ohne diese auch keine Abnahmestelle für aufzulösende Sammlungen, aufgegebene Arsenale, Depots u.ä.. Damit aber wären die Gegenstände aus diesen (An-)Sammlungen ohne Abnehmer und würden zum Schaden der Nachwelt vernichtet.

Beide wirken also zusammen in der Bewahrung des "kulturellen Gedächtnisses".

Sammler wollen und müssen sich konsequent um die nötige Erweiterung dieses "kulturellen Gedächtnisses" bemühen. Die Grundordnung unseres Staates (Art.5 (3) GG) bietet eigentlich die erforderliche Freiheit für Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre an: im demokratischen Staatswesen ist der Bürger mitverantwortlich, dass Sicherheitspolitik nicht falsch programmiert wird. Der mündige Bürger spricht auch ohne gefragt zu sein. Der mündige Sammler arbeitet auch ohne Auftrag und Anleitung "von oben".

Dabei stehen der Sammler und der Politiker in einer Pflicht und Verantwortung, welcher sich beide nicht entziehen dürfen, nämlich für das museale Erbe unserer Nachkommen zu sorgen: jener durch seine bewahrende Tätigkeit und dieser durch die Schaffung der hierfür nötigen politischen Rahmenbedingungen.

3) Kulturelle Vielfalt: Warum ist der Privatsammler resp. sein Museum in manchen Bereichen dem öffentlichen Museum überlegen?

Ein Sammler wird es weder im Urlaub noch zu Hause oder auf Geschäftsreisen, Flohmärkten, Börsen und bei Auktionen versäumen, zu schauen, ob nicht dort etwas Verwertbares für seine Sammlung aufzufinden ist. Kraft seiner Fachkompetenz auf seinem Gebiet und aufgrund seiner profunden Kenntnisse ist er viel eher in der Lage, die Bedeutung neuentdeckter Gegenstände einzuordnen als die wenigen ebenso kompetenten Mitarbeiter der einschlägigen Museen.

Sammler und Privatmuseen sind nämlich auf kleinem Gebiet hochspezialisiert und reichern so im Laufe der Zeit ein Fachwissen an, welches die (viel zu kleinen) Teams der öffentlichen Museen niemals erwerben können. Auch in dieser Spezialisierung und Fokussierung auf eng umschriebene Themenbereiche liegt die Ergänzung, die der Privatsammler gegenüber den Generalisten der öffentlichen Museen bietet.

Die Geschäftsführerin des Deutschen Museumsbundes, Frau Mechtild Kronenberg, beklagte kürzlich die Gefährdung von Museumsobjekten durch mangelnde Pflege und unsachgemäße Lagerung in öffentlichen Einrichtungen. Dies deckt sich mit unserer Erfahrung und Überzeugung, dass nur im privaten Bereich die Sorgfalt für die Pflege kulturbestimmender und –prägender Gegenstände aufgewandt wird, welche nötig ist, um auch unseren Enkeln eine Rekonstruktion vergangener Zeiten zu erlauben*.

Allein der Besitzerstolz der privaten Sammler resp. Museumsleiter ist Garant für die pflegliche Behandlung und Konservierung ihrer Exponate.

Gefährdung von Kulturgut

Die Flutkatastrophe des Jahres 2002 hat drastisch vor Augen geführt, dass Kunst- und Kulturschätze der Menschheit beständig durch Naturgewalten gefährdet sind. Das im Sommer im Rheinland stattgehabte Erdbeben bewies, dass selbst derartige Ereignisse in Mitteleuropa denkbar sind. Brände dagegen gehören fast schon zum täglichen Leben.

Nur die dezentrale Aufbewahrung geschichtlicher Artefakte in größtmöglicher Stückzahl kann verhindern, dass Gegenstände eines bestimmten Genres mit einem Schlage unwiederbringlich verloren sind. Auch hier sind private Sammlungen die einzige Alternative, die den kompletten Verlust von Kulturgut zwar noch immer nicht verhindern so doch unwahrscheinlicher machen kann.

Einzig durch die Einbindung der Privatmuseen und privaten Sammler in die Archivierung von Gegenständen der Menschheitsgeschichte kann daher der Forderung der UNESCO nach bestmöglichem Schutz von Kulturhinterlassenschaften entsprochen werden. Eine Zentralisation z.B. in einem einzigen Museum stellt ein unverantwortliches Risiko dar.

"Wir müssen unbedingt verhindern, dass wir einer solchen Situation [Anm.: der Flutkatastrophe, die z.B. Kunstschätze in Dresden gefährdet hatte] jemals wieder so unvorbereitet begegnen" (Mechthild Rössler vom UNESCO-Welterbe-Zentrum in Paris), und dazu seien "neue raumplanerische Konzepte zum Schutz von Kulturgütern ... ebenso wichtig wie die Förderung des umweltpolitischen Bewusstseins" (Mechthild Rössler).

Museumsstruktur in Deutschland

Statistische Zahlen für 2000

unter Berücksichtigung der Museumsgruppen, die über Waffen (Schuss- und/oder Blankwaffen) verfügen könnten und dem Waffengesetz unterliegen

Trägerschaft der 5826 Museen:

öffentlicher Träger 3327 57%
Verein, privat 2162 37 %
Mischform 337 6 %

Öffentlicher Träger:

Staat, Kommunen, Landkreise oder öffentlich-rechtliche Stiftungen

Private Träger:

Privatpersonen, Firmen, Vereine

Mischform:

häufig Kooperation von Gebietskörperschaften mit Vereinen

Auswertung nach ausgewählten Sammelgebieten (5 aus 9 Gattungen )

= 83 % der deutschen Museen

Gattung Zahl öffentlich Vereine, privat Mischform
1 Volks-u.Heimatkunde,Regionalgeschichte 2685 57 % 35 % 8 %
3 Schloß- u. Burgmuseen 254 68 % 29 % 3 %
5 Naturwissenschaft, Technikgeschichte 683 38 % 59 % 3 %
6 Historische Museen, Militaria 362 70 % 26 % 4 %
8 Kulturgeschichtlich Spezialmuseen 852 51 % 45 % 4 %
4836

Auswertung nach Besucherzahlen 2000 (gesamt 99 Mio)

Gattung Zahl Anteil Besucher
1 Volks- u.Heimatkunde,Regionalgeschichte 2685 18,8 %
3 Schloß- u. Burgmuseen 254 13,7 %
5 Naturwissenschaft, Technikgeschichte 683 14,7 %
6 Historische Museen, Militaria 362 14,1 %
8 Kulturgeschichtlich Spezialmuseen 852 4,5 %
4836 65,8 %

(Quelle: Institut für Museumskunde, Berlin: Statistische Gesamterhebung an den Museen der

Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2000, Heft 54)

4) DAS ÖFFENTLICHE INTERESSE an der Privatinitiative: Warum muss die Rolle des Privatsammlers in der demokratischen Gesellschaft gestärkt werden?

Museums- und Sammelobjekte sind "das kulturelle Gedächtnis unserer Gesellschaft" (York Langenstein, Leiter der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern). Ihre Erhaltung müsse "auch in Zeiten knapper Kassen höchste Priorität haben" (Langenstein).

Bereits heute sind viele Firmen dazu übergegangen, ihre Dokumentationen völlig aufzugeben. Es ist z.B. kaum mehr möglich, für einen 10 Jahre alten Computer technische Unterlagen zu bekommen. Das "Werksmuseum", gerade für Waffentechnik, erfordert einen zu hohen finanziellen wie personellen Aufwand - mit einem "einfachen Angestellten" ist es nicht getan. Firmenzusammenlegungen wie auch -zerschlagungen verstärken das noch. Bereits in absehbarer Zeit wird es daher - ohne private Sammler - wohl niemanden mehr geben, der über die technische Entwicklungsleistung heutiger Firmen noch Bescheid weiß. Gleiches gilt auch für behördliche Dinge, z.B. die Schusswaffenausstattung der Polizei, deren Dokumentation von Behördenmitarbeitern aus dienstlichen Gründen nicht (mehr) vorgenommen werden kann.

Lt. einer Meldung von dpa sollen die Themen Kulturerbe und Denkmalschutz mit Unterstützung durch die deutsche UNESCO-Kommission in Bonn stärker in den Schulunterricht integriert werden. Ursachen und Folgen der Kreuzzüge, der Religionskriege, der Kolonialisierung Afrikas und Asiens, der Eroberung der Neuen Welt, der Weltkriege, etc. werden im Unterricht zwar erörtert und vermittelt, die Gegenstände jedoch zu bewahren, welche den Ausgang dieser Ereignisse und damit die weitere Entwicklung der Weltgeschichte wesentlich beeinflusst haben, lag und liegt dabei weitestgehend in den Händen privater Sammler.

Eine wichtige Maßnahme ist dabei die dezentrale Lagerung von Kulturgütern; der Staat hat also durch gesetzliche Maßnahmen zu garantieren, dass die heute noch in ausreichender Menge verfügbaren Zeugnisse der menschlichen Geschichte in möglichst großer Stückzahl an verschiedenen Stellen aufbewahrt werden können - am besten in privaten Sammlungen.

5) Welche Behinderungen für eine konservierende Tätigkeit ergeben sich aufgrund der Regelungen im Waffenrecht?

In unserem Positionspapier "Waffengesetz - Bezug Kulturgeschichte" haben wir die Punkte niedergelegt, die einer dringenden Revision bedürfen, da sie die Bewahrung, Erforschung und didaktische Darstellung unserer Sammlungsgegenstände unnötig erschweren bzw. sogar unmöglich machen.

6) Welche sinnvollen Änderungen im Waffenrecht müssen vorgenommen werden?

Die folgenden Ausführungen (in alter Rechtschreibung) aus der Neunundvierzigste Verordnung über Ausnahmen von den Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung des Bundesministerium für Verkehr vom 15.September 1994 sind sinngemäß auf den Waffen- und Munitionssammler resp. seine Exponate anzuwenden: "Solche Fahrzeuge, die in der Regel mindestens 20 Jahre alt sind, ..., sind im allgemeinen nicht mehr zum Verkehr auf öffentlichen Straßen bestimmt. ... Eine Betriebserlaubnis ... besteht ebenfalls nicht. Diese ist auch nicht erforderlich, da es sich bei den Fahrzeugen um keine üblichen Beförderungsmittel, sondern vielmehr um Gegenstände der Pflege von Automobiltradition und technischem Kulturgut handelt. ... Auch aus Sicht der Verkehrssicherheit ist diese Regelung vertretbar. Es ist davon auszugehen, dass diese Fahrzeuge sorgfältig gewartet und gepflegt werden ...".

Sie betreffen insbesondere die Punkte 1), 2), 3), 6), 10) und 14) unseres Positionspapiers "Waffengesetz – Bezug Kulturgeschichte".

Wir weisen darauf hin, dass diese Ausführungen des Verkehrsministeriums sich auf die Verwendung und Präsentation von sogenannten Oldtimern beziehen ("... sondern werden nur noch auf Rallyes und ähnlichen Veranstaltungen vorgeführt."). Einschränkungen von Erwerb und Besitz dieses "technischen Kulturgutes" (dem alljährlich einige tausend Bundesbürger zum Opfer fallen) werden gar nicht erst erwogen.

Es muss zunächst der Tatsache Rechnung getragen werden, dass auch auf dem Bereich der Waffen- und Munitionstechnik und - geschichte die wesentlichen konservierenden, forschenden und vermittelnden Arbeiten durch private Sammler geschehen, ohne dass hier staatliche oder kommunale Fördermittel fließen.

Die Behinderung ihrer Tätigkeit durch Gebührenlasten, nicht-sicherheitsrelevanten gesetzlichen Regelungen oder gar vorsätzliche Vernichtungsmaßnahmen hat bereits jetzt zu einem Verlust an Gegenständen geführt, die zum "kulturellen Gedächtnis" gehören - nun ist durch eine Umfrage bei deutschen Museen bewiesen, dass sogar die Lagerung auch z.B. von technischen Zeitzeugen in öffentlichen Museen langfristig einer Vernichtung derselben gleichkommen kann.

Die in unserem Positionspapier "Waffengesetz - Bezug Kulturgeschichte".

aufgelisteten Punkte müssen daher schnellstmöglich umgesetzt werden, wenn die Politik endlich den weiteren Verlust von kulturbestimmenden Gegenständen vermeiden will.

Niemand wird den Behörden bestreiten, dass sie in schwieriger Lage sind, vor allem da "Waffen" meist auf ihr Droh- und Schädigungspotenzial reduziert werden und die Würdigung ihres Stellenwertes in der menschlichen Geschichte dabei zu kurz kommt. Aber die gleichen Schwierigkeiten bestehen überall, wo es um die Rettung von Denkmälern und wertvoller Vergangenheit geht. Es gehört zur behördlichen Struktur, dass Ämter sich schwer dazu entschließen, der privaten Initiative die unerlässliche Vertrauensvorgabe zu gewähren. Gleichwohl kann echtes demokratisches Behördenwesen nur erfolgreich sein, wenn Toleranz und Sachverstand sich die Waage halten.

Wesentliche Voraussetzung für eine unverkrampften Umgang mit dem "Kulturgut Waffe" ist die Akzeptanz seiner Bedeutung.

7) Welche Vorgaben sollen in die Durchführungsverordnungen kommen?

Auch hier verweisen wir in erster Linie auf unser Positionspapier "Waffengesetz - Bezug Kulturgeschichte".

Sammler und Museumsmitarbeiter sind keine Bittsteller sondern kompetente Gesprächspartner, mit denen gemeinsam praktikable Lösungen gesucht werden müssen. Gesetz und Durchführungsverordnung sollen die Bewahrung des kulturellen Erbes ermöglichen und fördern.

Gerade bei der Frage der Aufbewahrung müssen die gesetzlichen Freiräume so umfassend wie möglich sein, um individuelle Lösungen zu erlauben.

Es sind überall dort Ausnahmen zu machen, wo dies i.S. einer Erhaltung der Originalität nötig ist.

Es ist gelegentlich auch für einen Sammler notwendig, Waffen zu testen. Das kann auf einem öffentlichen Schießstand oder bei einem Sachverständigen mit eigenem Schießstand erfolgen. Dazu muss die Waffe transportiert werden. Ähnliches gilt für den Transport zu einem Sammlertreffen o.ä. Dies muss durch die Formel 'zu einem von seinem Bedürfnis umfassten Zweck' abgedeckt sein, wenn sie nicht - was besser wäre - völlig aufgegeben wird.

8) Ein Beitrag zur Kulturgeschichte: Der kulturhistorische und gesellschaftliche Stellenwert der "Waffe"

Wir stehen vor dem verbreiteten Phänomen, dass es üblich geworden ist, nach der Katastrophe gleich zweier Weltkriege in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts eine Waffenantipathie zu kultivieren. Es wäre aber außerordentlich verhängnisvoll, Fehler an der falschen Stelle zu verfolgen; sie liegen eindeutig im politischen Bereich, denn Kriege werden durch Menschen und nicht durch Waffen ausgelöst.

Die Waffen und ihre Entwicklungsgeschichte sind wissenschaftlich gesehen untrennbarer und markanter Bestandteil der menschlichen Kultur- und Zivilisationsgeschichte. Das gilt fraglos auch für die neue und neueste Waffenentwicklung.

Ein Ausblick

Besorgniserregende und menschheitsbedrohende Ausmaße nimmt nicht nur die moderne Waffenentwicklung an. Das gilt gleichermaßen auch für den so genannten Fortschritt auf ganz anderen Gebieten. Aber darum gerade ist es essenziell für das Verständnis unserer und früherer Epochen, dass ihre Repräsentationsobjekte für kommende Generationen bewahrt werden.

Der historischen und kulturgeschichtlichen Seite der "Waffe" generell gerecht zu werden müssen besonders wir Deutschen erst noch lernen. Zwar denkt auch bei uns noch niemand daran, eine Nürnberger Radschlosspistole dem Waffengesetz zum Opfer fallen zu lassen, so wenig wie einen mykenischen Dolch. Aber Mitbürger und Behörden sollten begreifen, dass die Geschichtlichkeit der Waffen nicht mit dem Vorderlader-Perkussionssystem oder gar schon mit dem Steinschloss zu Ende gegangen ist.

Denn der kulturhistorische Wert der Waffe, insbesondere der Feuerwaffe, ist überragend. Er liegt in ihrer Komplexität begründet: eine Waffe ist zugleich ein technischer, ein künstlerischer und ein geschichtlicher Gegenstand. Geschichtlich in dem Sinn, dass mit ihm geschichtliche Prozesse u. U. unmittelbar entschieden wurden. Einen ähnlich komplexen Rang nehmen außer den Waffen sonst allenfalls noch die großen Objekte der historischen Baukunst ein, wobei der Schiffsbau zwischen beiden Bereichen rangiert. Das künstlerische Moment tritt bei der modernen Waffenentwicklung nur teilweise zurück, doch stellen die Waffen der letzten 150 Jahre dafür ganz hervorragende Zeugnisse des Übergangs von der handwerklichen zur industriellen Fertigung dar. Mit der Differenziertheit ihrer Entwicklungsstufen, die sich heute gerade noch rekonstruieren lassen, schlagen sie alle vergleichbaren Erzeugnisse aus dem Feld, das heißt, sie sind für die wichtigste Phase der Industrialisierung so exemplarisch wie kein anderes Objekt.

Vor allem bezeugen die Waffen den unerhört hohen Gütegrad der frühindustriellen Fertigung, wobei das Wort früh" als Qualitätsmerkmal noch bis in das zwanzigste Jahrhundert reicht. Es hat Geltung, solange das Handwerk als Qualitätsrivale noch die Maßstäbe setzte und die Industrie die Herausforderung annehmen musste. Erst seit die Rationalisierung gegenüber der Perfektionierung das Übergewicht bekam, wurde manches anders. Darum stecken besonders in den Gegenständen aus der Zeit der Wende zum neunzehnten Jahrhundert unersetzliche Werte.

Sicher wird die Menschheit nicht mehr lange brauchen, das zu erkennen - aber die Lage drängt und die Zeit läuft gegen die Kulturgutbewahrer.

Jetzt wird darüber entschieden, ob viele Objekte erhalten bleiben oder ob unendliche sammlerische Sorgfalt und Mühe, wie sie sich auf dem Waffensektor unter der bisher geltenden gesetzlichen Situation mehr schlecht als recht entfalten konnten, umsonst gewesen sind.

Jürgen Zech, Vorsitzender des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft sagte im Oktober 2002, man solle "sich nicht verblüffen lassen vom Zeitgeist." Dieser "Zeitgeist" hat die "Waffe" als Grund allen Übels für menschliche (Un-)Taten stigmatisiert. Intelligenz, Weitsicht und Verantwortungsgefühl für kommende Generationen sollten ihm entgegenwirken können.

*vgl. 5) Ausführungen des Bundesministerium für Verkehr