Miqueletpistole aus Eibar


Geschichte


Text: Udo Lander

Spanische Eigenheiten – eine Pistole aus Eibar

Dieser Artikel befasst sich mit einem recht außergewöhnlichen Pistolentyp aus der Zeit um 1750, den die meisten Sammler historischer Waffen zwar kennen, der aber immer wieder Probleme macht, wenn es darum geht, seine Herkunft exakt zu bestimmen.

Diese sehr individuelle Pistolenart war zunächst typisch für die Produkte aus der katalanischen Stadt Ripoll, welches sich um die Mitte des 17. Jahrhunderts zu einem recht berühmten Zentrum des Feuerwaffengewerbes entwickelt hatte, wo zeitweise achtzig Büchsenmachermeister mit den entsprechenden Gesellen und Lehrlingen arbeiteten. Das Wasser der beiden Flüsse Ter und Freser, an deren Zusammenfluss Ripoll liegt, begünstigte diese Entwicklung nachhaltig.

Typisches

Das charakteristische Merkmal dieses in Ripoll entwickelten Pistolentyps, welcher wohl auch zeitgleich in Eibar in der Provinz Guipuzkoa im spanischen Baskenland hergestellt wurde, ist seine etwas merkwürdige Schaftform mit im Verhältnis zu Lauf und Vorderschaft zu kurz erscheinendem Kolben und daran befestigter Knaufkugel.

Charakteristisches

Bemerkenswert an dieser Pistolenkonstruktion ist neben dem militärisch anmutenden Kaliber von 17,6mm, was eine entsprechende Verwendung als Waffe eines Offiziers impliziert, ihr Abzugsbügel: Zum einen ist dieser recht lang und hat hinten einen ausgeprägten Fingersporn. Dadurch wird gewährleistet, dass die Pistole trotz des kurzen Kolbens sehr gut in der Hand liegt. Zum andern ist der Abzugsbügel vorne mittels eines verlängerten Gewindebolzens befestigt, der von unten nach oben durch den Kolben verläuft und schließlich von unten in einem Gewindestück des Schwanzschraubenblattes mündet, so dass der Abzugsbügel gleichzeitig als Kreuzschraube dient. Zusätzlich ist das lange Schwanzschraubenblatt nochmals mittels einer von der Kolbenunterseite nach oben eingesetzten zweiten Schraube fixiert, was der Pistole, insbesondere dem Kolben eine enorme Festigkeit verleiht.

Auffallend am hier verwendeten Miqueletschloss à la catalana ist seine sehr kompakte, platzsparende Bauweise: Die Schlossplatte ist nur so groß, dass sie die mechanischen Schlosskomponenten gerade noch aufnehmen kann, nirgends wird Material oder Platz verschenkt, die Konturen der Schlossplatte folgen quasi den Formen der Anbauteile. Dies alles weist auf Ripoll als Herstellungsort der Pistole hin, dennoch fehlt ein wesentliches Indiz in Bezug auf diesen Ursprungsort.

Woher kommt das Stück?

Ein Detail, das man an sehr vielen, wenn auch nicht allen von Meistern in Ripoll gefertigten Pistolen finden kann, ist ein auf der Innenseite der Hahnlippen vorhandenes Muster. Anderswo in Europa hat man die Innenseiten der Hahnlippen generell nur mit Meiselschlägen aufgerauht, damit der in Leder oder Blei gepackte Flintstein gut zwischen den Lippen fixiert wurde, so dass der Feuerstein beim Auftreffen auf die Schlagfläche der Batterie nicht verrutschen konnte. Dies hat man bei vielen, wenn auch nicht allen Ripollpistolen durch ein dort eingraviertes, geometrisches Muster erreicht. Da die hier vorgestellte Pistole an der beschriebenen Stelle ein solches Muster nicht aufweist, ist ihre Herkunft aus Ripoll trotz aller Charakteristika zumindest fraglich.

Als Herkunftsnachweis können also nur die an der Pistole vorhandene Stempelmarken herangezogen werden. Aber auch deren Identifizierung ist nicht eben einfach.

Eibar in der Provinz Guipuzkoa im Baskenland

Das Schloss zeigt auf der Außenseite eine ovale Meistermarke mit dem Schriftzug „LARRIATEGUI“, doch ein Meister dieses Namens ist in Ripoll nicht nachweisbar. Auch in der englischsprachigen Standartliteratur, die sich mit diesem Thema wirklich eingehend befasst, ist der Name nicht aufgeführt. Dasselbe gilt für die auf dem Lauf eingeschlagene Meistermarke „FRAN(cesco?) LARANAGA“. Zumindest der Name LARRIATEGUI ist - wenn auch ohne Herkunftsangabe - im Neuen Stöckel für die Jahre 1720 bis 1740 verzeichnet, so dass man davon ausgehen kann, es hier nicht mit einem Phantom zu tun zu haben. Weitere Nachforschung ergibt dann aber recht schnell, dass beide Namen wohl zu Büchsenmachern aus Eibar im Baskenland gehören. Zumindest bis in die 1960er-Jahre hat in Eibar eine Waffenfirma namens LARRANAGA existiert und in einer spanischen Privatsammlung gibt es fünf Sammlerwaffen der Zeit zwischen 1867 und 1923, die alle den Namen LARRANAGA als Herstellersignatur tragen.

Auch LARRIATEGUI ist ein baskischer Nachname und mit dieser Schreibweise bereits 1625 in Eibar nachgewiesen. Das alles lässt den Schluss zu, dass die hier vorgestellte Pistole wohl in Eibar um 1740 nach Vorgaben gefertigt wurde, die in Ripoll entwickelt worden sind. Dies belegt gleichzeitig, dass der charakteristische Stil und die Konstruktion der Ripollpistolen offensichtlich recht beliebt war.



Geschichte Techn. Daten Bestempelung Literatur Zum Anfang