Großherzoglich Hessisches Infanteriegewehr Oberndorfer Modell System Minié


Geschichte


Einführung der Perkussionszündung

1839 beschloss das Großherzogtum Hessen-Darmstadt die Umänderung aller kriegstauglichen Steinschlosswaffen auf das Perkussionssystem. Mit dem Erlass vom 18.12.1839 wurde die Aptierung der Infanteriegewehre angeordnet. Bis Ende 1841 waren alle Gewehre der Infanterie abgeändert. Alle aptierten Gewehre erhielten auf der Schwanzschraube ein Standvisier.

Neukauf von Perkussionsgewehren

Da nicht alle Steinschlossgewehre auf Grund ihres Zustandes umgeändert werden konnten und auch der natürliche Verschleiß die Bestände dezimierte, mußten auch neue Gewehre als Ersatz angeschafft werden. In einem Bericht der Zeughausdirektion von 1853 lässt sich ein Zukauf von 2000 Gewehr in Oberndorf für die Jahre 1847 bis 1850 belegen. Die neuen Gewehr hatten im Gegensatz zu den alten gleich das Standvisier auf der Schwanzschraube.

Das System Minié

1849 legte der Capitän-Instructor der Schießschule zu Vincennes Claude-Etienne Minié ein Geschoß vor, das sich durch Wirkung des Gasdrucks dem Laufkaliber anpasste, den Spielraum im Lauf überwand, sich in die Züge presste und somit die Führung im Lauf erhielt. Am Geschoßboden saß ein Treibspiegel aus Eisen, Culot genannt, welcher in die leicht konische Vertiefung des Geschosses eingelassen war. Die Pulvergase wirkten auf die nach rückwärts gerichtete Höhlung des Culots und trieben ihn wie einen Keil tiefer in den Expansionsraum des Geschosses noch ehe dieses in Bewegung gesetzt wurde.

Das von Miniè konstruierte Gewehr war mit 4 flachen Progressivzügen versehen, das heißt die Züge sind am Pulversack am tiefsten und werden nach der Mündung zu nach und nach flacher. Die Schwanzschraube hatte weder Dorn noch Kammer. Die Vorteile gegenüber dem Stiftgewehr waren, einfacheres und schnelles Laden, geringeres Verschleimen und leichtes Reinigen des Laufes.

Miniés Entwicklung verbesserte die Treffgenauigkeit und Reichweite des Gewehrs enorm, zudem konnten seine Verbesserungen an vorhandenen Waffen durchgeführt und fast jedes glatte Gewehr nach der Methode umgeändert werden. Das führte zu einer schnellen Verbreitung seiner Technik in allen deutschen Staaten und in ganz Europa. So auch im Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt.

Abänderung der Gewehre nach Minié

Nachdem man 1853/54 in Hessen-Darmstadt umfassende Versuche vorgenommen hatte, erfolgte 1853/54 die Umänderung sämtlicher Schützengewehre nach dem System Minié und 1854/55 die Umänderung sämmtlicher Infanteriegewehre.

Die umgeänderten Gewehre erhielten 5 Züge und ein neues Quadrantenvisier mit der Einteilung bis 800 Schritt, das alte Standvisier auf der Schwanzschraube wurde beibehalten.

Die neue Munition bestand aus einem 30 Milimeter langem Miniégeschoss im Kaliber 16,9 mm, welches einschließlich eisernem Culot 40,62 Gramm wiegt. Verpackt war es in einer gefetten Papierumhüllung mit einer 4,5 Gramm schweren Pulverladung.



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