Der preußische Husarenkarabiner M 1742
Geschichte
Text: Udo Lander
Hintergründe der Beschaffung
Der Husarenkarabiner 1742 war eine Waffe, die für eine zumindest in Preußen recht junge Waffengattung bestimmt war. Deren Ursprünge lagen in Ungarn und Kroatien, als leichte Reiterei für Sabotage und Feindaufklärung aufgestellt, zählten die Husaren jedoch erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts zur Kavallerie.
Friedrich der Große erkannte sehr schnell das hohe Potential dieser Husarentruppe, die er von seinem Vater bei seinem Regierungsantritt 1740 lediglich in Form von zwei Husaren-Korps mit insgesamt neun Eskadrons übernommen hatte.
Nach dem für ihn siegreichen Ausgang der Schlacht von Mollwitz (10.04.1741), lobte er seine Infanterie in den höchsten Tönen, die Kavallerie aber war in seinen Augen „nicht wert, dass sie der Teufel holte“, eine Erkenntnis, die mit ursächlich für die Vermehrung des preußischen Husarenkorps gewesen sein dürfte. Friedrich errichtete noch im Jahr 1741 die Husarenregimenter 3, 4, 5 und 6, ein Jahr später das Regiment Nr. 8. und das Regiment Nr. 9 folgte 1758, also während des Siebenjährigen Krieges.. Bereits 1745 ist das Regiment Bosniaken Nr.10 errichtet worden und als Letztes folgte 1773 das Husarenregiment Nr.11.
Für die Stärke der Husarenregimenter hatte der König per Erlass vom 1. Dezember 1743 angeordnet, dass jedes Regiment aus 10 Eskadrons mit 36 Offizieren, 80 Unteroffizieren, 10 Trompetern, 1020 Husaren, 10 Feldschmieden, 10 Feldscheren und 1130 Pferden zu bestehen habe. Zu jedem Regiment gehörten ferner ein Quartiermeister, ein Regiments-Feldscher, zwei Büchsenmacher und zwei Schäfter.
Die Mannschaftsstärke des gesamten Husarenkorps belief sich demnach auf 11.220 Mann, für die nun die notwendige Ausstattung mit Waffen oberste Priorität erhielt. Da aber die Potsdamer Gewehrfabrik Splitgerber & Daum alleine von ihrer Kapazität her sicherlich nicht in der Lage gewesen sein dürfte, eine derartige Menge an Waffen in der erforderlichen Zeit zu fertigen und zu liefern, musste man sich zumindest zu Anfang anderweitig behelfen. Abgesehen davon, dass zu Beginn der Aufstellung der Regimenter sicherlich nicht alle Husaren je einen Karabiner und zwei Pistolen erhalten haben, so sind mit großer Wahrscheinlichkeit Schlachtfeldfunde ebenso ausgegeben worden wie Ankäufe aus dem Ausland, wobei hier Lüttich, Zella, Suhl und Essen in Frage gekommen sein dürften.
Leider existieren heute keinerlei diesbezügliche Lieferverträge mehr, weder mit Potsdam noch solche mit den anderen Lieferanten, auch sind derartige „ausländische“ Karabiner der preußischen Armee bis heute nicht bekannt geworden.
Vorgänger
Die Konzeption der Karabiner 1742 geht, davon kann man heute ausgehen, nicht auf originär preußische Entwürfe der 1740er-Jahre zurück, sondern ist von Vorgängern beeinflusst, welche in der Regierungszeit von König Friedrich I. oder erst unter Friedrich Wilhelm II. entstanden sind. Unbeantwortet bis heute ist dabei immer noch die Frage, wie die preußischen Karabiner der Husaren in der Zeit vor dem Regierungsantritt von König Friedrich II. ausgesehen haben. Da zumindest aber von Francois Henoul und Johann Jakob Behr in Lüttich hergestellte Pistolen 1713 bekannt sind, die formal durchaus den späteren Pistolen 1742 bis auf geringfügige Unterschiede entsprechen, kann man annehmen, dass auch die später in der preußischen Gewehrfabrik gefertigten Karabiner 1742 ihre Vorbilder in Lüttich hatten. Von dort waren in den Jahren von 1714 bis 1722 unter anderem nachweislich . 82 Karabiner Modell 1713 mit Messingbeschlägen, Henoul-Schössern und Daumenblechen mit FWR-Gravur angeliefert worden, von denen sich leider nichts mehr erhalten hat.
Lang oder kurz
Bei dem hier vorgestellten Stück handelt es sich um die kurze Version des preußischen Husarenkarabiners 1742, was den folgerichtigen Schluss impliziert, dass es auch eine längere Variante gegeben haben muss. Tatsächlich waren die Mannschaften von Regiment zu Regiment mit unterschiedlich langen Waffen ausgerüstet, ja selbst innerhalb der Regimenter hat es eine differierende Karabinerausstattung gegeben.
Den zahlenmäßig größten Anteil an der Husarenbewaffnung stellte der kurze Husarenkarabiner 1742. Die Regimenter N°1, N°5, N°6, N°8 und N°10 führten ihn ganz oder teilweise zusammen mit dem mittleren (längeren) Husarenkarabiner M 1742. Lediglich die beiden Regimenter N°.2 und N°.3 führten seit ihrer Errichtung durchgängig bis 1787 den langen Kürassierkarabiner 1731.
Wie die mittlere Variante wurde der kurze Karabiner seit 1742 bis 1786 in der Gewehrfabrik Potsdam-Spandau gefertigt und sogar noch ab 1787 modifiziert und moderneren Erkenntnissen angepasst..
Warum die preußische Husarentruppe von Regiment zu Regiment, ja sogar innerhalb eines Regiments eine unterschiedliche Karabinerbewaffnung geführt hat, konnte bis heute leider nicht schlüssig geklärt werden, zumal das im Jahre 1743 ausgegebene Reglement für die preußischen Husaren-Regimenter mit keinem Wort auf diesen Unterschied eingeht. Bekannt ist lediglich, daß Friedrich der Große in einer Kabinettsordre vom 11. Januar 1742 in der Frage der Beschaffung neuer Husarenkarabiner dem damit befassten General Massow mitteilt,
„daß ich die Proben so wohl von denen, so ich von dem Daun bestellet habe, als auch von denen, welche ihr machen lassen wollet, gegeneinander sehen will. Den Unterschied von langen (d.h. mittleren, d. Verf.) und kurzen Karabinern, auch von gezogenen und ohngezogenen will ich absolute haben. Auswärts solle keine von diesen Karabinern gemachet werden; was also davon bey uns gegen Anfang der Campagne fertig werden kann, ist gut; was nicht fertig werden kann, muss nachher gemachet, inzwischen aber denen Husaren-Regimentern aus dem Zeughause allhier Reuter- (d.h. Kürassier- d. Verf.) Karabiner gegeben werden“.
Dies verdeutlicht, daß der Längenunterschied der Karabiner auf den Entschluss des Königs zurückzuführen ist, wobei jedoch die Beweggründe dazu, vielleicht taktische, möglicherweise aber auch nur praktische Erwägungen, bis heute unbekannt blieben. Dies verdeutlich aber auch, dass die Unterschiedlichkeit der Husarenkarabiner keinesfalls auf Vorlieben oder Initiativen von Regiments- oder gar Eskadronschefs zurückgehen kann, die im Rahmen der damals noch praktizierten Kompaniewirtschaft für die bei ihrer Einheit vorhandenen Waffen sowie deren Unterhaltung aus eigener Tasche zu bezahlen hatten, wobei die Chefs für die Waffeninstandhaltung vom König sogenannte Gewehrgelder erhielten.
Einsatz und Trageweise
Als einzige berittene Truppe der preußischen Armee war es den Husaren im Hinblick auf ihre besonderen Aufgaben nach dem Exerzierreglement von 1743 gestattet, die Feuerwaffen, also Pistolen und Karabiner auch vom Pferd aus zu benutzen. Dies war im übrigen der Grund für die an allen Husarenpistolen 1742 angebrachten Riemenösen an der Kolbenkappe, mit deren Hilfe und einem Fangriemen der Husar die Waffe nach dem Schuss einfach fallen lassen und sofort zum Säbel greifen konnte.
Wenn eine Eskadron zum Angriff überging, so wurde zunächst vom Pferd aus der Karabiner abgefeuert, um dann schließlich in mehrere Züge aufgelöst, den Gegner mit Pistolen und Säbel zu umschwärmen. Daneben waren die preußischen Husaren aber auch durchaus in der Lage, in geschlossener Formation wie Kürassiere oder Dragoner zu attackieren.
Der kurze Karabiner wurde generell „im Hang“ getragen. Dies bedeutet, dass der Karabiner am Karabinerhaken (daher der Name) eines breiten, gelbledernen Bandeliers befestigt war, welches über der linken Schulter getragen wurde. Der Karabiner hing damit an der rechten Seite des Reiters mit der Mündung nach unten , was nicht selten zum Verlust des Ladestocks und damit zur Unbrauchbarkeit des Karabiners führte.. Erst mit den Änderungen der Karabiner 1742 ab 1787 wurde dieser Missstand durch Anbringen einer anders geformten Sattelstange behoben, durch welche der Karabiner im Hang nun mit der Mündung nach oben zeigte.
Fertigungsdauer
Vom Beginn seiner Produktion in der Potsdam-Spandauer Gewehrfabrik Splitgerber & Daum ab 1742 ist der kurze Husarenkarabiner bis 1786 unverändert gefertigt worden. Nach 1775 änderte sich jedoch das Firmenlogo an der unteren Schrägkante seines Schlossblechs von „S et D“ ( (Splitgerber et Daum) in „DSE“ (David Spiltgerbers sel. Erben). Fertigungszahlen sind zwar nicht bekannt, doch aus einer Bestandliste des Berliner Zeughauses aus dem Jahre 1769 geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt 5.613 kurze Husarenkarabiner 1742 vorhanden waren.