Die Nordflug-Pistole


Geschichte


Die Nordflug-Pistole

Der Dipl. Ing. Franz Karpinski erhielt 1921 ein Patent (DRP 361177 vom 24. Mai 1921) auf eine kleine Selbstladepistole mit festem, aus dem Griffstück ausgebohrtem Lauf und über demselben angeordnet die Vorholfeder für das Verschlussstück, die er wohl selbst unter dem Namen CYKA verkaufte. Rückholfeder und Führungsstange liegen wie im Patent angegeben über dem Lauf. Zum Zerlegen drückt man auf den Bolzen der Führung, um das Visier nach oben herausnehmen zu können. Zu Entfernen des Verschlussstücks bewegt man den mit dem Sicherungshebel verbundenen Bolzen hin und her, bis er es freigibt.

Für die Produktion einer verbesserten Ausführung seiner Pistole suchte Karpinski einen neuen Partner und fand ihn bei den Nordflugwerken mbH in Teltow-Berlin (daher auch der Name der Pistole). Dort wurde dann unter der Bezeichnung NORDFLUG eine Westentaschenpistole im Kaliber 4,25 mm gefertigt und über die Firma Thüringer Handelsgesellschaft mbH Berlin W. 35, Flottwellstraße 2.vertrieben. Wie die CYKA hat auch die Nordflug-Pistolet die Rückholfeder über dem Lauf. Das Zerlegen geschieht in gleicher Weise wie bei der CYKA. Das Verschlussstück wird jedoch entfernt, indem auf das federnde Widerlager des Schlagbolzens am hinteren Ende des Verschlusses gedrückt wird. Nach Stilllegung der Nordflugwerke wechselte Karpinski zu der Firma Menz in Suhl. Hier könnten dann die die unmarkierten Nordflug-Pistolen entstanden sein, bevor die Produktion zu Gunsten der Liliput-Pistole eingestellt wurde.

Die CYKA- und die Nordflug-Pistole gehört zu den ganz großen Sammler-Raritäten und sind heute kaum noch zu finden. Von der Nordflug gibt es auch einige Exemplare ohne Herstellersignatur, nur mit DRP-Markierung (Zhunk, Alexander B.; Revolver und Pistolen, Enzyklopädie der modernen Faustfeuerwaffen, Schwäbisch Hall, 1996, Abbildung 9-233).

Die Nordflug-Werke

Die Firma ging aus den Norddeutschen Flugzeugwerken hervor, welche Ende 1917 von dem Ingenieur und Kaufmann Robert Mederer als Norddeutsche Flugzeug-Werke GmbH Teltow gegründet wurde. Das Unternehmen baute und reparierte Flugzeuge für den Kriegseinsatz, auch stellte man neben Kleinflugzeugen ab 1918 auch diverse Klein-Motor-Boote und Kanus aller Art her. Nach dem Krieg sollten wieder eigene Flugzeuge gebaut werden, doch der am 28. Juni 1919 abgeschlossene Versailler Vertrag zwang Deutschland zu erheblichen Einschränkungen in der Rüstungsindustrie, wozu auch der Flugzeugbau zählte. Das Unternehmen, welches sich nun „Nordflug-Werke Teltow mbH“ nannte suchte nach neuen Aufgaben und baute nun wie in Anzeigen angepriesen Paddelkanus, Segelkanus, Motorkanus, Skullboote, Ruderboote, Angelboote, Jachten, Jollen, Serien-Auto-Boote, Luxus-und Gebrauchs-Fahrzeuge her. Auch der neu ins Programm aufgenommene Automobilbau brachte nicht den erhofften Aufschwung, die Fahrzeuge konnten nicht verkauft werden. In diese Zeit der der Suche nach neuen Absatzmärkten fällt auch die Produktion der hier beschriebenen Westentaschenpistole Nordflug.

1923 wurden die Nordflug-Werke in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Diese hatte nur ein Jahr Bestand, so dass eine neue Gesellschaftform gegründet wurde, die Nordflug-Handelsgesellschaft mbH. Auch diese Gesellschaft war nicht lange wettbewerbsfähig. Noch im Jahre 1924 wurde mit dem Abbruch und dem Verkauf von Anlagen begonnen. Die Stilllegung des Werkes zog sich bis zum Jahre 1929 hin und endete mit einer Zwangsversteigerung der Immobilie.

Alle Pistolen im Kaliber 9 mm kurz wurden mit dem Wehrmachtsabnahmestempel WaA 251 oder WaA D20 gestempelt. Waffen im Kaliber 7,65 mm hingegen wurden nicht gestempelt und sind heute für Sammler nur aufgrund bekannter Seriennummernblöcke als ehemalige Dienstwaffe von Heer oder Luftwaffe zu identifizieren. Die dazu gehörenden Taschen waren meist gestempelt.

In der Beschreibung wird die Nordflug-Pistole als die kleinste und leichteste Selbstlade-Pistole der Welt beschrieben. Tatsächlich ist sie von ihren Abmessungen mit einer Länge von 88 mm und einer Höhe von nur 66 mm eine sehr kleine und mit einem Gewicht von 191g sehr leichte Pistole, aber die kleinste Selbstlade-Pistole war damal schon die Kolibri Mod.1und Mod.2.


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