Die preußische Kavalleriepistole 1742/89
Geschichte
Text Udo Lander
Mancher Sammler altpreußischer Kavalleriebewaffnung hat zu den gegen Ende des 18. Jahrhunderts veränderten und dadurch modernisierten preußischen Kavalleriepistolen entweder gar kein oder wenn, dann nur ein recht gestörtes Verhältnis. Da diese Waffen wegen der an ihnen durchgeführten Änderungsmaßnahmen nicht mehr den Originalen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entsprechen, haben sie für Manchen einen eher beiläufigen, ja nicht einmal offiziellen Charakter. Gerne wird dabei aber ignoriert, dass diese Änderungen tatsächlich ganz offiziell von höchster Stelle angeordnet waren.
Selbsthilfemaßnahmen
Bereits ein Jahr nach dem Tod Friedrichs des Großen begann man in einigen Regimentern, die alten Pistolen 1723, 1731 und 1742 den Erfordernissen der neuen Zeit anzupassen. Zum einen betraf dies die nicht mehr zeitgemäße, enorme Länge der altpreußischen Pistolen, aber auch die schnellere Lademöglichkeit durch Übernahme des konischen Zündlochs, wie dies bei der Infanterie bereits angewendet wurde. Ein Teil der preußischen Pistolenbewaffnung ist deshalb schon 1787 dadurch gekürzt worden, dass man die Waffen bis zum Mündungsblech, teilweise sogar noch weiter abgeschnitten hat. Zusätzlich erhielten die verkürzten Pistolen ein konisches Zündloch, welches das selbstständige Aufschütten des Ladungspulvers auf die Pfanne vom Laufinnern her ermöglichen sollte.
Diese Maßnahmen waren aber nicht auf Grund einer Anordnung des Oberkriegskollegium veranlasst, sondern gingen, so ist anzunehmen, auf Eigeninitiative der jeweiligen Regimentschefs zurück. Diese Annahme wird gestützt durch einen Bericht des Chefs des Dragonerregiments v. Finckenstein, welcher ausführt: „dass das Laden .....der Pistolen besonders bei Überfällen des Nachts, überhaupt aber beim Laden zu Pferd sehr durch das Aufschütten des Pulvers auf die Pfanne behindert, auch wenig oder gar nichts in dieselbe kommt“ Weiter wird kundgetan, dass er „sämtliche Gewehre nach der Art, wie bei der Infanterie“ habe einrichten lassen. Auch sind nach dieser Darstellung die Pistolen auf die gleiche Art abgeändert und jedes Paar mit einem eisernen Ladestock versehen worden, „damit beim Laden das Pulver gehörig und geschwinde in die Pfanne getrieben werden kann“.
Staatsmaßnahmen
Diese eigenmächtigen Verbesserungsmaßnahmen verschiedener Regimentschefs, welche auf dem Dienstweg den vorgesetzten Dienststellen bekannt gemacht wurden, führten in der Konsequenz zu einer Anordnung des Oberkriegskollegiums vom 23. Februar 1789 an die Dragoner- und Husarenregimenter in den Marken und Pommern und am 26. März und 3. August 1789 an alle Dragoner- und Kürassierregimenter. In dieser die Abänderung der bei den Regimentern und in den deren Depots vorhandenen Pistolen 1723, 1731 und 1742 betreffenden Anordnung war klar geregelt, in welcher Reihenfolge und vor allem wie die jeweiligen Regimentsbüchsenmacher diese Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen hatten.
Demnach musste mit der Änderung bei den in den Depots als jeweilige Regimentsreserve lagernden Pistolen begonnen werden, die dann nach Fertigstellung an die Regimenter im Austausch gegen deren lange Pistolen ausgegeben werden sollten.
Die eigentlichen Änderungsarbeiten bezogen sich auf die Kürzung des Pistolenlaufs, die Anbringung eines trichterförmigen Zündlochs am Lauf und den Verschluss der Ladestocknut . Diesbezüglich blieb es den Regimentern freigestellt, die alten Schäfte beizubehalten, oder aber, wo dies nicht möglich war, die Pistolen neu zu schäften. Zu diesen Arbeiten wurde den Regimentern eine Probe-Pistole zur Verfügung gestellt, nach deren Vorgaben die Änderungen durchzuführen waren. Insbesondere legte man besonderen Wert darauf, dass die Kürzung der Läufe exakt mit der Lauflänge der Probepistole übereinzustimmen hatte.
Für diese Arbeiten wurde den Regimentern vom König pro Pistolenpaar inklusive einem eisernem Ladestock jeweils 18 Groschen, für die Kürzung der Holster jeweils 2 Groschen vergütet.
Charakteristisches
Eine besondere konstruktive Eigenart der Husarenpistole 1742 war ein an der Kolbenkappe beweglich angebrachter Ring, durch den ein mit dem Sattel fest verbundener Fangriemen geschlauft wurde. Dies ermöglichte es dem Reiter, die Waffe nach dem Schuss nicht erst zeitaufwändig im Sattelholster verstauen zu müssen, sondern er konnte sie einfach fallen lassen und hatte somit schnell die Hände frei für den Säbel und Karabiner. Grundlage für dieses Verfahren war das im Jahre 1743 veröffentlichte Husarenreglement, welches für diese Truppe im Gegensatz zur übrigen Reiterei das Feuergefecht auch zu Pferd vorsah was im übrigen auch das Fehlen von Riemenösen an den Pistolen 1731 der Kürassiere und Dragoner erklärt.
Diese auch an der hier vorgestellten Pistole ursprünglich vorhandene Riemenöse ist während der Änderungsarbeiten an der Kolbenkappe entfernt worden und das so entstandene Loch hat man mit einem Eisenniet verschlossen. Damit war ihr die Eigenschaft als reine Husarenwaffe genommen, sie wurde von nun an wie die ebenfalls geänderten Pistolen 1731/89 und die neugefertigte Pistole 1789 auch unterschiedslos an jegliche andere Kavalleriegattung ausgegeben.
Die Kolbenform
Wie bei der Pistole 1731 kann man bei der Husarenpistole 1742 gewisse stilistische Änderungen im Verlauf ihrer Produktionszeit bis 1789 feststellen. So haben die ersten nach der Auftragserteilung hergestellten Pistolen 1742 einen sehr groß dimensionierten, voluminösen Kolbenabschluss mit entsprechender Schaftkappe, der jedoch mit fortschreitender Fertigung immer schmaler wurde. Da die hier vorgestellte Pistole 1742/89 einen sehr schmalen Kolben besitzt, welcher lediglich 37,9mm dick ist, muss sie der letzten Fertigungsperiode zugerechnet werden. Ihr Kolbenabschluss näherte sich damit bereits deutlich der Form des Nachfolgemodells 1789 an.
Vorbild
Hintergrund für die radikale Abkehr von den seit vielen Jahrzehnten gewöhnten, langen Pistolen dürfte das Beispiel gegnerischer Waffen gewesen sein. Die mit einer durchschnittlichen Lauflänge von nur 230mm weit kürzere, aber dennoch nicht weniger effektive, französischen Pistolen M 1763/66, vielleicht auch die österreichische Kavalleriepistole 1744 mit einer durchschnittlichen Lauflänge von 300mm kommen hier in Frage. Ihre Vorteile hatte man in den zahlreichen Gefechten mit französischen und österreichischen Truppen während des Siebenjährigen Krieges sicherlich kennengelernt. Doch konnte man sich bei der preußischen Militärführung zu einer weitergehenden Laufkürzung wie angeordnet nicht durchringen. Möglicherweise lag dies einfach daran, dass man bei einer Kürzung des Laufs auf die 230 mm der französischen Pistole die vordere Stiftöse an der Laufunterseite und das Messingkorn hätte nach hinten versetzen müssen, was zusätzliche Kosten bedeutet hätte.