Der Revolver M / 83
Geschichte
Text: Hans Reckendorf
Der 1883 zur Bewaffnung des deutschen Heeres angenommene und ab 1885 zur Auslieferung gelangende neue Revolver hat gleiches Kaliber und gleiches System wie sein Vorgänger. Er ist jedoch mit 117 mm Lauflänge und 225 mm Gesamtlänge wesentlich handlicher und bei 920g Gewicht auch etwa 400g leichter. Einen Patronenausstoßer haben beide Modelle nicht. Die militärische Führung glaubte, der Soldat brauche im Gefecht nicht mehr als sechs Schuß abzugeben.
Beide Revolver weisen neben den Unterschieden in Größe und Gewicht nur noch geringfügige Formenunterschiede am Kolben, an der Walzenachse, an der Arretierung der Walzenachse und an der Laufmündung auf.
"Kurze Reichsrevolver", also Revolver M/83, wurden gefertigt von : der Suhler Firmengruppe, diese nun aber ohne die Firma Spangenberg und Sauer, also von den Firmen Schilling und Haenel ( etwa 29 % Fertigungsanteil ), der Firma F. v. Dreyse, Soemmerda ( etwa 8 % Fertigungsanteil ), der Waffenfabrik Mauser ( neuer Firmenname, weniger als 1 % Fertigungsanteil, nur 1500 Revolver wurden innerhalb eines Auftrages für Württemberg gefertigt ) und zuletzt von der staatlichen Gewehrfabrik Erfurt ( etwa 62 % Fertigungsanteil ).
Die staatliche Gewehrfabrik Erfurt war dort durch Verlegung der Gewehrfabrik Saarn ( einschließlich der ihr angegliederten Gewehrfabrik Hattingen ) im Jahre 1858 entstanden. Als sie 1892 mit der Produktion des Revolvers M/83 begann, erhielten die in Privatbesitz stehenden anderen Fabriken keine Aufträge des Staates mehr über Revolver.
Erfurt baute ab dem laufenden Jahr 1894 Revolver M/83 mir der einzigen nennenswerten offiziellen technischen Variante an den Reichsrevolvern. Ab diesem Zeitpunkt verbesserte man die Rasten im Walzenumfang, in die der Arretierhebel durch den Druck der Arretierfeder eingreift, durch Verstärkung des Anschlages, wodurch auch eine geringfügige Änderung des Schloßkastens erforderlich wurde. 1896 verfügte das Kriegsdepartement eine Verstärkung der Trageringe von 2,5 mm auf 3 mm Stärke. Die neuen Ringe wurden aber nur bei Verschleiß der alten eingesetzt, wofür die Öse zur Aufnahme des Ringes von bisher 3,2mm auf dann 3,4 mm aufgerieben werden mußte. Nach 1897 fertigte auch Erfurt keine Revolver M/83 mehr.
Sowohl aus dem errechenbaren Bedarf des Heeres als auch der Serienangaben auf den in Erfurt gefertigten Revolvern ( Jahreszahl, Serienfolge innerhalb des jeweiligen Jahres ab der zweiten zehntausender Serie mit kleinen Buchstaben zur Seriennummer gekennzeichnet ) läßt sich eine gesamte Fertigung von etwa 400000 Revolvern M/83 errechnen.
Revolver M/79 und M/83 tragen entsprechend der "Vorschrift zur Untersuchung und Abnahme der Revolverteile und fertigen Revolver" eine große Zahl aufschlußreicher Stempel von sehr verschiedener Art und Bedeutung :
Fabrikstempel :
im Oval auf dem Schloßblech.
Nummernstempel ( 1,5 mm hoch ) :
Vierstellig z. B. auf dem Lauf, dem Schloßkasten, der Walze, dem Schloßblech und den Kolbenschalen. Zweistellig z. B. auf dem Hahn und auf Hebeln und Schrauben. Bei den Revolvern aus der staatlichen Gewehrfabrik Erfurt ist zu der Nummer ein kleiner Buchstabe vermerkt, beginnend ab der zweiten zehntausender Serie mit "a", zur Kennzeichnung der Serienfolge des Jahres zu je 10000 Revolvern. Bei Revolvern des XII. ( 1. Königlich Sächsisches ) und des XIX. ( 2. Königlich Sächsisches ) Armeekorps sind die Seriennummern auf Lauf, Schloßkasten uns Schloßblech zusätzlich mit einem darunterstehendem S gekennzeichnet.
Kaliber :
In der Regel 10,55 mm oder 10,6 mm, als Ergebnis einer Messung mit einer Zweistufenlehre auf dem Lauf geschlagen ( linke obere Fläsche des Achtkantes ).
Kleiner Revisionsstempel ( 3,2 mm hoch ) :
Als Einzelteilefertigungs-Kontrollstempel, nach Prüfung z.B. der Maße, auf die Einzelteile geschlagen.
Beschußstempel ( 3,2 mm hoch, 3,2 mm breit ) :
Als Nachweis für die bestandene Gewaltprobe auf Lauf und Walze geschlagener militärischer Beschußstempel, entsprechend dem Königreich, das den Revolver erhielt, somit der Adler für Preußen, GF für Bayern, die Hirschstange für Württemberg und AR unter der Krone für Sachsen. Zum Beschuß feuerte man bei eingespanntem Revolver je eine scharfe Patrone aus jedem Patronenlager ab. Die Form des Preußenadlers wechselte von einer mehr naturalistischen Darstellung auf älteren Revolvern zu einer mehr stilisierten auf neueren.
Großer Revisionsstempel ( 5,25 mm hoch ) :
Er wurde nach dem Anschuß des Revolvers als personengebundener Stempel auf das Kolbenende, zur Waffe gerichtet, neben die Trageöse geschlagen. Zum Anschuß feuerte man je eine scharfe Patrone aus jeder Kammer aus 20 m Entfernung auf einen 100 mm breiten Strich ab. Der Revolver wurde angenommen, sofern bei den sechs Schuß vier Treffer erzielt wurden.
Super-Revisionsstempel ( 5,25 mm hoch, 4,5 mm breit ) :
Als Nachweis der Endabnahme des komplett fertigen Revolvers wurde er in Ausübung einer strengen Kontrolle auf den Kolbenende, neben die Trageöse, gegenüber dem großen Revisionsstempel geschlagen, entsprechend dem Königreich, das den Revolver erhielt, somit jeweils die gekrönten Initialien FW für Preußen, L für Bayern, W für Württemberg und AR für Sachsen. Geprüft wurden vom Super-Revisor insbesondere der Gesamtzustand des Revolvers, seine äußere Beschaffenheit, sein Schloßgang und seine Stempelung, daneben wurden die Details in Stichproben kontrolliert.
Jahreszahl :
Es müssen sowohl die Modelle als auch die Hersteller ( damit verbunden in einigen Fällen die Abnehmerländer ) bei der Betrachtung der Jahreszahlen von Fertigung und Ausgabe unterschieden werden. Die in der nachstehenden Tabelle zusammengestellten Angaben kennzeichnen nur den Regelfall.
Revolvermodell |
Hersteller
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Jahreszahl der Fertigung
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Jahreszahl der Ausgabe
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M/79
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Suhl
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nicht vorhanden
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überwiegen geschlagen, Jahre 1881, häufig 1882, 1883 |
M/79
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Dreyse
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nicht vorhanden
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wie bei Suhler Rev. M/79
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M/79
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Mauser
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immer 1880 im Firmenoval
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immer geschlagen, Jahre 1881 und 1882 |
M/83
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Suhl
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nicht vorhanden
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nicht geschlagen
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M/83
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Dreyse
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nicht vorhanden
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nicht geschlagen
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M/83
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Mauser
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immer 1883 im Firmenoval
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immer 1886 geschlagen
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M/83
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Erfurt
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immer vorhanden, Jahreszahl von 1892 bis 1897 unter dem Firmenoval
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nicht geschlagen
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Revisions-Kontrolle :
Hatte ein Einzelteil oder eine Waffe geringfügig von der Norm abweichende Maße oder Funktionen, konnte der Erste Revisionsbeamte die Abnahme trotzdem zulassen. Um den Revisionsbeamten "gegen etwaige spätere Verantwortung sicherzustellen", schlug der Erste Revisionsbeamte die gekrönten Buchstaben RC. Dieser Stempel ist wegen der großen Sorgfalt bei der Fertigung nur sehr selten auf Faustfeuerwaffen zu finden, z. B. dann, wenn eine aus der Toleranz fallende Kaliberangbe geschlagen ist.
Revolver M/79 und M/83 tragen in der Regel einen nach Stempelvorschriften aus den Jahren 1877, 1881, 1897, 1900 oder 1909 geschlagenen Truppenstempel. Er ist bei Revolvern M/79 auf der Kolbenplatte, bei den Revolvern M/83 auf dem Griffrücken zu finden. Wechselte der Revolver zu einem anderen truppenteil, so wurde die alte Stempelung durch Querhiebe gelöscht und eine neue daneben geschlagen. Die genannten Stempelvorschriften berücksichtigen jeweils die inzwischen errichteten neuen Waffengattungen und weichen sonst nicht wesentlich voneinader ab.
Die Daten der Patronen für die Revolver M/79 und M/83 wurden mehrfach geändert und können der nachfolgenden Zusammenstellung entnommen werden. Zur Übung schoß der Soldat auf eine 25 m entfernte Scheibe, deren Haltepunkt 350 mm unter der Scheibenmitte lag ( 70 ). Der Reichsrevolver hat also bei fester Visierung gewollt etwa 350 mm Hochschuß auf 25 m Entfernung, um bei den im Gefecht vorkommenden Kampfentfernungen für den Revolverschuß Treffer auf den Mann zu bringen.
Übersicht zu den Patronen für Revolver M/79 und M/83 :
Scharfe Revolverpatronen :
Ältere Ausführung : 1,5 g neues Gewehrpulver M/71; Hülse mit gerader, ungekennzeichneter Bodenfläche; Gewicht der Patrone beträgt 23,15 g.
Neue Ausführung : 1,35 g als zu feinkörnig ausgesiebtes neues Gewehrpulver M/71; Hülse nun mit massivem Boden ( mit Randnut an der Bodenfläsche, später "Mauserboden" genannt ), zum mehrfachem Gebrauch gedacht, dann jeweils Ring auf den Boden geschlagen; Gewicht der Patrone beträgt 24,74 g; Vo = 205m/s; Eo = 35,4 kpm.
Gemeinsame Daten : Patronenlänge 37,6 mm; Geschoß 17 g schwer, Höhlung im Boden, zwei Kanellen zur Aufnahme der Fettung; Fettung besteht aus einem Teil Paraffin und fünf Teilen Hammeltalg; Hülse innen lackiert; Fuge zwischen Hülse und Zündhütchen mit schwarzer Lackierung gegen Feuchtigkeit abgedichtet; Hülsenlänge ( eingezogen ) 14,6 mm.
Wechsel von Zündhütchen M/71 ( 2,3 mm Höhe ) auf Zündhütchen M/71.84 ( 2,35 mm Höhe, wiederstandsfähiger Boden ), beide haben 6,45 mm Durchmesser. Wechsel von Zündhütchen M/71.84 auf Zündhütchen M/88 ( 5,5 mm Durchmesser ).
Verpackung alter Art : 18 Patronen in blauer Schachtel, 1674 Patronen im Patronenkasten.
Verpackung neuer Art : 12 Patinnen in blauer Schachtel, 1656 Patronen im Patronenkasten.
Platzpatronen zu den Revolvern : Minderwertige aber genügend brauchbare Hülsen alter und neuer Art; Boden mit Ringfuge rot lackiert; 1 g minderbrauchbares Gewehr- oder Geschütz-Pulver; Fließpappepfropfen als Deckpfropfen, darauf als Schlußpfropfen ein etwas über die Hülse vorstehender Fließpappepfropfen in Fließpapierblättchen gefüllt; oberer Hülsenrand etwas eingezogen, um den Pfropfen zu halten und das Einführen der Patrone in die Trommel zu erleichtern. Ganze Länge der Patrone etwa 27,6 mm; Hülsenlänge ( eingezogen ) 24,6 mm. Wechsel der Zündhütchen wie bei den scharfen Patronen.
Verpackung : 18 Patronen in Schachtel, 2664 Patronen im Patronenkasten.
Exerzierpatronen zu den Revolvern : Minderwertige, innen nicht lackierte Hülsen.
Alte Art : Hülse ausfüllendes Futter aus Weichbuchenholz, durch Einziehen des Hülsenmundes befestigt; aus der Hülse ragende Teil wie eine Geschoßspitze geformt.
Neue Art : Spitze aus Messingblech entsprechend der Form des Geschosses, in Hülse eingelötet.
Packgefäße in beliebiger Größe.
Der Revolver M/83 wurden zunächst in Taschen M/85 getragen, die keine Aufnahmemöglichkeit für Patronen hatte und der Tasche des Revolvers M/79 glich. Patronen und Wischer-/Entladestock waren eiterhin in Kartusche oder Tasche am Bandelier oder an der Feldbinde untergebracht. Erst die Tasche M/91 ( in Bayern M/93 ) hat eine Vortasche für 12 Patronen.