Die Sächsische Ulanenpistole M 1870

Fertigung Hauptzeughaus Dresden


Geschichte


Text Udo Lander

Während der Kämpfe in Frankreich zeigte sich vor allem bei den Ulanen-Regimentern der Nachteil der glatten Pistolen, mit denen sie neben der Lanze bewaffnet waren. Bei Aufklärungs- oder Patrouillenritten waren sie gegenüber feindlichen Infanterieattacken hoffnungslos unterlegen. Deshalb wurde die Forderung nach einer treffsicheren Bewaffnung laut.

Am 19. September 1870 genehmigte das Kriegsministerium die Beschaffung von 1.200 gezogenen Pistolen. Dazu wurden am 27. September 1870 mit der Waffenfabrik Spangenberg und Sauer in Suhl die Lieferbedingungen über die Herstellung der genehmigten Menge angezogenen Pistolen zum Preis von 3 Thlr. pro Stück festgelegt. Die Artilleriewerkstätten lieferten dazu die Läufe, Schlösser, Laufringe, Schlossgegenbleche, Abzüge, Kreuz- und Schlossschrauben. von österreichischen Lorenz-Gewehren Die fertigen Waffen sollten bis zum 27. Dezember 1870 in Dresden eintreffen.

Am 29. Dezember 1870 meldete die Direktion der vereinigten Artilleriewerkstätten und Depots, dass 600 Stück neben der notwendigen Munition (je Pistole zwei Pakete zu 10 Patronen) fertig seien und mit dem nächsten Transport von Waffen zur mobilen Armee nach Frankreich abgesendet werden können Am 20. Januar 1871 meldete Oberst Köhler auch die Bereitstellung der restlichen 600 Pistolen.

Aber erst nach Abschluss des Waffenstillstandes im Februar 1871 erhielten die beiden Ulanen-Regimenter bei Bohain und Merbe ihre neuen Pistolen und gaben die alten glatten ab. Die Verluste an Waffen beliefen sich nach der Rückkehr der Regimenter im November 1871 auf 43 gezogene Pistolen M 1870. Beim Ersatz der Verluste tauchte seitens der Ulanen-Regimenter die Frage auf, wie die gezogenen Pistolen zu ersetzen wären. Die Ersatz-Eskadrons der beiden Regimenter hatten bisher weiter die glatten Pistolen geführt, dem 1. Ulanen-Regiment fehlten deshalb 183 und dem 2. Ulanen-Regiment 201 gezogene Pistolen am vollen Bestand. Da man seitens des Kriegsministeriums schon an die Einführung eines Revolvers dachte, wurde als Ersatz auch nur die Ausgabe von glatten Pistolen angeordnet

Am 5. November 1871 stellte ein Erfahrungsbericht fest, dass neben kleineren Mängeln besonders das Fehlen einer Sicherung und einer Visiereinrichtung als negativ aufgefallen waren. Der zu große Abzugsbügel lag darüber hinaus zu nahe am Kolbenende und erschwerte das Umfassen und auch ein leichtes Abdrücken. Der geringe Drall und eine zu starke Ladung der Patronen erschwerten einen genauen Schuss. Außerdem ließ sich die neue Pistole in die für die glatten Pistolen vorgesehene Holfter nur bis zum Abzugsblech einschieben. Der hervorstehende Kolben störte zum einen den Reiter, zum anderen bestand die Gefahr, dass sich der Hahn von selbst spannen konnte. Da man aber erfahren hatte, dass „ .. nach der Erfahrung Königl. Preuß. Cavallerie Regimenter die Zündnadelwaffen als inzwischen mäßig bezeichnet worden sind …“, war man sächsischerseits der Meinung, dass deshalb lieber eine weittragende Kolbenpistole einzuführen sei.

In einem Schreiben an das Generalkommando vom 12. November 1871 erklärte der sächsische Kriegsminister, dass die Ulanenpistolen deshalb nicht den Anforderungen an eine gute Kavallerieschusswaffe entsprächen, weil man von der Beschaffung neuer, geeigneterer Waffen abgesehen hätte. Damals stand schon die Einführung einer neuen Infanteriewaffe und einer für alle Waffengattungen gleichen Metallpatrone in Aussicht, was diesen Schritt erkläre. Die zu starke Ladung der Patronen betreffend, sollte die Kavalleriedivision durch Versuche die geeignete Ladung selbst ermitteln. Die Regimenter hätten dann die vorhandenen Patronen umzuarbeiten. Für die Herstellung neuer Munition hingegen waren an die Artilleriewerkstätten entsprechende Anträge zu stellen.

Mit der Ausgabe des Revolvers M/73 im Jahre 1874 schließlich schied die Ulanenpistole aus der offiziellen Bewaffnung der beiden Ulanen-Regimenter aus.



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