Eine Suhler Radschloßmuskete


Geschichte


Text: Dieter Wergen

Die ersten Radschloßwaffen sind Anfang bis Mitte des 16. Jahrhunderts nachgewiesen. Bekannt aber ist das Prinzip der Funkenzündung durch Reibung schon lange. In jeder Schmiede konnte man an den runden Schleifsteinen die Funken sprühen sehen. Da war es kein weiter Weg mehr, dies auch auf die Zündung einer Feuerwaffe anzuwenden. In der Literatur wird Johann Kiefuss aus Nürnberg (1517) genannt, aber auch schon in Schriften des Universalerfinders Leonardo da Vinci von 1508 wird die Konstruktionszeichnung eines Radschlosses dargestellt, das aber eher einem Feuerzeug ähnelt.

Die Funktion

In die Pfanne ragt durch einen Ausschnitt das leicht gezackte Reibrad. Dieses Rad, im Inneren mit einer Kette an einer starken Feder befestigt, wird mit einem Schlüssel (Spanner) am Vierkant des Rades aufgezogen. Im Rad ist innen eine Vertiefung ausgefräßt, in die ein Stift eingreift, verbunden mit der Abzugsstange. Wird nun der Abzug betätigt, tritt der Stift aus der Radmulde und dreht den Radrand schnell am Feuerstein (Pyrit) der in den Hahn eingespannt ist. Die entstehenden Funken entzünden das „Pulverin“ in der Pfanne, die Flamme schlägt durch das Zündloch, der Schuß bricht . Das ganze spielt sich im Bruchteil einer Sekunde ab. Die Waffe bleibt erschütterungsfrei und ein Zielen ist zumindest erheblich einfacher, als mit der Luntenzündung. Das System hat aber auch Nachteile. Pfanne und Rad verschmauchen und das kann nach mehreren Schüssen zu Hemmungen führen.

Verlässliche Zündung

Bis zu diesem Zeitpunkt war das Luntenschloß als Zündung für die Musketen der Landsknechte gebräuchlich, blieb es auch bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. So wurde das neue Radschloß auch eher für Jagd- und Prunkwaffen, als für militärische Zwecke verwendet.

Kurbrandenburgischer Musketier mit Radschloßmuskete.Aber es gab Ausnahmen: Reiche Fürsten statteten ihre Trabantengarden oft mit Radschloßmusketen, diese teilweise sogar reich verziert, aus . Für Kavalleriewaffen, Pistolen und Karabiner, aber bot sich die neue Erfindung geradezu an. Der Reuter (Reiter) mußte nicht mehr mit brennender Lunte in der linken Zügelhand durch die Gegend reiten. Die Waffe konnte geladen, mit aufgezogenem Radschloß mitgeführt werden. Weitgehendst vonWind und Wetter unabhängig, denn es lag ein Schieber über der Pfanne, der das Zündpulver schützte und erst kurz vor dem Schuß geöffnet wurde, teils von Hand, teils automatisch.

Teure Waffen, nur für Spezialaufgaben

Die Radschloßwaffen waren etwa zehnmal so teuer wie Luntenschloßgewehre. Für einen Landsknecht, der für seine Bewaffnung selbst sorgen mußte, unerschwinglich. Trotzdem gab es reiche Herrscher, die ihre Leibgarde und die Wachmannschaften ihrer Burgen und Festungen, wie bereits erwähnt, mit Radschloßmusketen ausrüsteten. So befanden sich 1581 allein in kursächsischen Festungen „ ….886 Rohre mit Feuerschlössern.“ Auf Wache waren die brennenden und Geruch verbreitenden Lunten der Luntenschloßmusketen ausgesprochen verräterisch. (daher noch heute der Ausdruck: Er hat Lunte gerochen!)

Im Verzeichnis des kursächsischen Zeughauses von 1592 werden ferner 2905 Musketen „mit Fewerschloss“ erwähnt, die dem Obersten von Witzleben zur Errichtung eines Regimentes zu Fuss überlassen wurden.

1621 werden in einem Verzeichnis des Obersächsischen Kreises aufgeführt: „200 Kaliberrohre mit Feuerschlossen samt Form, Spaner, Kretzer und Bandelier dazu, in Ausfällen und Anschlägen bei der Nacht zu gebrauchen.“

Eine solche Muskete, ohne jeden unnützen Schmuck, robust und im Prinzip der zur gleichen Zeit gebräuchlichen Lunterschloßwaffen ähnlich, ist das vorliegende militärisch genutzte Realstück.

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