Die württembergisch aptierte Kavalleriepistole M An 13


Geschichte


Als 1797 Herzog Friedrich II. an die Macht kam, reorganisierte er seine kleine Armee nach modernen Gesichtspunkten. Er hatte als Offizier lange Jahre im Dienste Friedrichs des Großen und Katharinas der Großen gestanden und viele militärische Erfahrungen gesammelt. Obwohl durch die

König Friedrich Stände in seinen Mitteln immer noch sehr beschränkt, baute er doch mit Tatkraft eine kleine Armee auf und organisierte sie nach preußischem Vorbild. Das unruhige napoleonische Zeitalter brachte Friedrich mit der Umsetzung des Friedens von Luneville 1801 als Entschädigung für Gebietsverluste links des Rheins nennenswerte Landgewinne und die Kurfürstenwürde. Die Teilnahme Württembergs am Dritten Koalitionskrieg an der Seite von Frankreich 1805 brachte ihm erneut Landgewinn und durch den Beitritt zum napoleonischen Rheinbund ab 1806 die Königskrone. Er nannte sich nun Friedrich I., setzte die auf den Tübinger Vertrag zurückgehende Verfassung außer Kraft, löste die Stände auf und Württemberg wurde zum absolutistischen Königreich.

Die Mitgliedschaft im Rheinbund verpflichtete Württemberg ein Kontingent von 12000 Mann aufzubieten. Das im Jahre 1806 erlassene Militärkonskriptionsgesetz führte eine Vorstufe zur allgemeinen Wehrpflicht ein, allerdings mit zahlreichen Ausnahmeregelungen. Dem stehenden Heer wurde eine Art Landwehr in zwei Aufgeboten ( die sogen. Landbataillone ) angegliedert. Die Regimenter erhielten bestimmte Aushebungsbezirke. Anstelle des Kriegsratskollegiums übernahm das neugebildete Kriegsministerium die Gesamtleitung. Im Jahre 1809 wurde eine neue Militärkonskriptionsordnung erlassen, die keine Ausnahmen mehr zuließ. Die allgemeine Wehrpflicht wurde nun rigoros durchgeführt und ermöglichte eine starke Erhöhung der Truppenstärke. Selbst nach der Vernichtung des württembergischen Armeekorps in Russland konnten sofort neue Truppen aufgestellt werden.

An der Seite von Napoleon nahm Württemberg an den Kriegen gegen Preußen 1806/07 sowie gegen Österreich 1809 und am Russlandfeldzug 1812/13 teil. Allein im Russlandfeldzug waren von 15800 Württembergern 15300 Mann in den Weiten Russlands geblieben. Zu den anschließenden Befreiungskriegen stellte Württemberg nochmals ein Truppenkontingent von 11600 Mann. Bereits während der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 traten württembergische Truppenteile, ohne die Zustimmung des Königs zu den Gegnern Napoleons über. Obwohl zwischenzeitlich auch der König den Übertritt auf die Seite der verbündeten Preußen, Russen und Österreicher vollzogen hatte, reagierte er mit Schärfe auf den eigenmächtigen Seitenwechsel der Brigade Normann. Die Reiterbrigade musste am 6. November 1813 zu Fuß unter der Eskorte eines Infanterieregiments in Ludwigsburg einmarschieren, während die Artillerie die gesattelten Pferde und die Waffen in Empfang nahm und in die Stadt brachte. Beide Regimenter wurden aus der Stammrolle gestrichen und die Offiziere und Mannschaften auf die übrigen Verbände verteilt. Generalmajor Graf Normann kehrte nicht in das Königreich Württemberg zurück.

Die Ende Oktober heimgekehrten Regimenter wurden aufgefrischt und bildeten mit den österreichischen Verbänden das 4. Armeecorps unter Kronprinz Wilhelm v. Württemberg. Am 31.12.1813 überschritt das Corps den Rhein ; war erfolgreich an den Schlachten gegen Napoleon beteiligt und trat Mitte Mai 1814 den Rückmarsch von Paris aus an. Doch Napoleon kehrte zurück, landete am 1.3.1815 bei Cannes und hielt schon am 28.3.1815 einen triumphalen Einzug in Paris. Von dort übernahm er erneut die Regierungsgewalt über Frankreich. Unter Kronprinz Wilhelm, der das 3. Armeecorps befehligte, standen wieder 21200 württembergische Soldaten gegen ihn. Am 28.6.1815 schlug der württembergische Kronprinz den französischen General Rapp bei Suffelweyersheim, südlich von Straßburg. Bis auf drei Regimenter, die bei der Okkupationsarmee in Frankreich verblieben, waren die württembergischen Truppen im Oktober 1815 wieder in der Heimat. Die größte Kriegszeit, die Württemberg erlebt hatte, war damit zu Ende gegangen. Sie forderte schwere Opfer: 269 Offiziere und 26623 Mann ließen ihr Leben.

Die Bewaffnung der württembergischen Truppenteile wechselte während der Napoleonischen Kriege häufig, und war in diesem Zeitraum uneinheitlich. Die noch im achtzehnten Jahrhundert beschafften Waffen deckten nicht mehr den als Folge der Neuaufstellungen und des kriegsbedingtem Verbrauchs gestiegenen Bedarf. Stücke nach ausländischen Mustern, aus Käufen und Kriegsbeute , mussten die Lücken schließen. So wurden Württemberg aus der Beute von Jena und Auerstädt 4774 Gewehre - vermutlich Nothardt-Gewehre -, 1673 Karabiner und 1562 Paar Preußische Pistolen ( Mod. 1789 )von Napoleon überlassen. Nach den Feldzügen gegen Österreich 1805 und 1809 wurden auch erbeutete österreichische Pistolen übernommen. Frankreich sorgte nach dem katastrophalen Ende des Krieges gegen Russland für Ersatz. So lieferte das Arsenal in Straßburg 6000 Gewehre und 2000 Karabiner. Weitere 4000 Gewehre und 2000 Paar französische Pistolen ( Mod. An 13 ) erhielt Württemberg von der Gewehrfabrik in Mutzig. Auch durch Ankauf von auf den Schlachtfeldern aufgesammelten Waffen bei Einheimischen und von Händlern versuchte man die Bestände zu ergänzen. So wurden z.B. von dem Hofbankier Wolff Kaulla 452 österreichische ( Mod. 1798 ), 44 französische Pistolen und größere Mengen „Schlachtfeldgewehre“ österreichischer und französischer Fasson erworben. 1814 wurden 500 Paar französische Pistolen und 1815 nochmals 123 Paar Pistolen von Kaulla erworben. Es wurden also insgesamt 5667 franz. Pistolen M An 13 von Württemberg in dieser Zeit verwendet.

Wie uneinheitlich die Bewaffnung in dieser Zeit war, wird sehr gut in der „Geschichte des Feldzuges 1814 gegen Frankreich“ von F. v. Hiller ( 1893 ) beschrieben. Hier heißt es : „Bei der Infanterie war die Bewaffnung sehr verschieden: teils Musketen, teils Büchsen; die Musketen waren teils württembergischen Ursprungs, teils stammten sie aus österreichischen, preußischen und französischen Fabriken. Bei der Verschiedenheit des Kalibers erfolgte die Verteilung in der Weise, dass sich innerhalb der Regimenter nur Gewehre derselben Art befanden. Bei den Landscharfschützen hatte das erste Glied Büchsen, das zweite preußische Gewehre; bei der Bewaffnung der übrigen Landregimenter sollte nicht auf die Garnitur ( System ) der Gewehre als vielmehr darauf gesehen werden, dass dieselben alle den Schuss halten und jedes Regiment gleiches Kaliber hat. Die Kavallerie war mit Säbeln sowie mit Karabinern und Pistolen teils württembergischem (hierzu zählten auch die französischen Pistolen), teils preußischem Kaliber bewaffnet.“

Französische Pistole M An 13

Auch nach den napoleonischen Kriegen blieben die französischen Waffen, da sie das gleiche Kaliber wie die ordonanzmäßigen württembergischen Waffen hatten weiterhin im Dienst. Bei einigen wurden die Ladestöcke separat getragen und die Nut im Schaft mit einem Holzpflock verschlossen, oder bei neuen Schäften ganz weggelassen.
Pistole M An 13Bewaffnet mit der Pistole M An 13 mit den ursprünglichen Ladestöcken waren :

Die Solden und Unteroffiziere des Hauptquartiers, des Armee- und Artillerietrains, die Trainmanschaft des Pioniercorps und die Stabsfouriere und Wagenmeister der Infanterie.

Bewaffnet mit der Pistole M An 13 mit separaten Ladestöcken waren:

Die reitende Artillerie sowie die Feuerwerker und Zeugschreiber der Fußartillerie.

Am 30. Oktober 1816 starb König Friedrich I.nach einem stürmischen, tatenreichem Leben;ihm folgte sein Sohn König Wilhelm I.auf dem Thron. Der neue Herrscher bemühte sich , weniger despotisch als sein Vater aufzutreten und den bestehenden Machtapparat zu verringern. Gleich zu Anfang seiner Regierungszeit reorganisierte er das württembergische Heerwesen von Grund auf, um es den Forderungen der Zeit, den Wünschen der Landstände und den Finanzkräften des Staates anzupassen. König Wilhelm 1 Dies lief auf eine Verkleinerung des Armeekorps hinaus, das noch bei Friedrichs Tode 24 Schwadron Reiterei, 24 Bataillone Infanterie und 13 Geschütz- und Ouvrierkompanien gezählt hatte. Ein Erlaß des Königlichen Kriegsdepartments vom 22. April 1817 setzte die Formation des Königlichen Truppenkorps neu fest: Die Reiterei wurde in eine Schwadron Leibgarde, eine Schwadron Feldjäger und vier Linienregimenter eingeteilt. Die vier Linienregimenter bilden zusammen eine Division zu zwei Brigaden. Die Infanterie wurde in acht Linienregimenter, geführt von zwei Divisionen zu vier Brigaden, und ein Garnisionsbataillon zu zwei Kompanien auf dem Hohenasperg gegliedert. Sieben Geschütz- und Ouvrierkompanien bildeten die Artillerie. Die Pionierkompanie wurde wieder errichtet und dem neuorganisierten Generalquartiermeisterstab unterstellt. Die Truppen erhielten die Städte Stuttgart, Ludwigsburg, Ulm, Heilbronn und Esslingen als Garnisonen. Nur in Ludwigsburg waren alle Waffengattungen vertreten: Infanterie, Reiterei. die gesamte Artillerie, der Generalquartiermeisterstab mit der Pionierkompanie und seit 1820 auch die Kriegsschule.

Schon Anfangs der zwanziger Jahre wurden in Württemberg Versuche mit der Perkussionszündung durchgeführt und neue chemische Zündsätze z.B. Zündpillen, Zündkörner oder Zündhütchen in den verschiedensten Schlosskonstruktionen, so unter anderem auch in Magazinschlössern probiert. Nachdem man sich für das Perkussionsschloss mit Zündhütchen entschieden hatte, wurden Truppenversuche durchgeführt. So schreibt Hauptmann Fromm in der Geschichte des 6. Infanterie-Regiments König Wilhelm I von 1910:

" Im Jahre 1827 erhielt das Regiment eine Anzahl Perkussionsgewehre zur Probe. Hauptleute und Leutnants wurden in der neuen Ladung durch einen Stabsoffizier unterrichtet. Einen Monat darauf benützte man diese Gewehre in Gegenwart einer Kommission zunächst zum Blindfeuern, dann auch ständig zum Scharfschießen. 1829 traf noch ein anderes Modell ein, das preußische Pistongewehr. Mit beiden Arten wurden Versuche fortgesetzt. 1831 gelangte ein Pistongewehr, ähnlich dem preußischen, zur endgültigen Einführung. Unser Regiment als Königsregiment hatte den Vorzug, sowohl mit derartigen Versuchen beauftragt zu werden, als auch den Beginn mit neuen Ausrüstungen zu machen. Es dauerte 10 Jahre, bis alle Regimenter vom Steinschloss- zum Perkussionsgewehr übergegangen waren."

PerkussionsschlossIn Württemberg entschied man sich für ein Perkussionsschloss nach hannoverschem Vorbild. Die Form des hammerartigen Hahns und der angeschweißte Zündstollen mit Putzschraube sind fast identisch. Sämtliche Feuerwaffen, ob neu oder aptiert, erhielten an der linken Seite, neben dem Gegenblech ins Schaftholz eingelegt, eine Metallfassung mit Muttergewinde für die bekannte württembergische Abzugsschraube.

AbzugsschraubeZu nächst wurden die Waffen der Infanterie aptiert und als Gewehr 1813/30 und Schützengewehr 1817/30 ausgegeben. Neu hergestellte Gewehre 1831 und Schützengewehre 1832 unterscheiden sich nur unwesentlich von den aptierten Waffen. Erst nach Abschluss der Umbewaffnung der Infanterie wurden auch die Waffen der Reiterei und der Artillerie geändert. Bei der Kavallerie wurden die Feuerwaffen in Karabiner 1817/42, Schützenkarabiner 1817/42 und Pistole 1817/42 umgeändert. Beim Schützenkarabiner entfiel bei der Aptierung die Strebfeder am Schloss und bei Reparaturen wurde auch der Kegel im Schloss weggelassen. Da ab dem Jahre 1840 nur noch die Unteroffiziere mit Pistolen bewaffnet waren, gab es ausreichende Mengen an Pistolen, so dass eine Neufertigung nicht erforderlich war.

In Oberndorf wurden 1846/47 275, 1849/50 99 und 1850/51 nochmals 268 Pistolen umgeändert, der Rest wurde durch die Büchsenmacher der Regimenter geändert. Nach einer Aufstellung waren 1863 noch 2003 Pistolen 1817/42 bzw. 1823/42 bei den Regimentern oder im Arsenal.

Auch die noch im Dienst befindlichen französischen Pistolen M An 13 wurden nach der gleichen Methode umgebaut und weiterhin von den Solden und Unteroffiziere des Hauptquartiers, des Armee- und Artillerietrains, der reitenden Artillerie, der Trainmanschaft des Pioniercorps und den Stabsfourieren und Wagenmeistern der Infanterie, sowie den Feuerwerkern und Zeugschreibern der Fußartillerie verwendet. Nach einer Aufstellung waren 1863 noch 901 aptierte Pistolen M An 13 vorhanden. Sie wurden 1863 nachdem die Reiterei mit gezogenen Pistolen 1862 ausgerüstet wurden gegen die Oberndorfer Pistole 1817/42 eingetauscht und diese wiederum erst in den 70er Jahren von dem Reichsvolver M/79 abgelöst.

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