Degen für die Württembergischen Oberfeldwebel der Infanterie Mod. 1870
Geschichte
Die im Oberfeldwebelsrang stehenden Unteroffiziere der Infanterie erhielten mit der Entschließung von 11. April 1870 einen gelbgarnierten Degen.
Mit der Ausrüstung mit dem Degen war nun auch endlich die langersehnte Auszeichnung der Oberfeldwebel und Unteroffiziere gleichen Ranges mit dem Offiziersportepee verbunden. Dies wurde mit dem Korpsbefehl Nr. 34 im Verordnungsblatt des K. Württembergischen Korpskommando vom 12. April 1870 bekannt gemacht:
„Vermöge höchster Entschließung vom 11. dies haben Seine Königliche Majestät (König Karl) in Betreff einer weiteren Auszeichnung der im Rang des Oberfeldwebels ec. stehenden Unteroffiziere Folgendes gnädigst verfügt:
1) das Offiziersportepee erhalten die Aufseher an der Kriegsschule, die Oberfeldwebel, Oberfeuerwerker und Oberwachtmeister;
2) nach zurückgelegter zwölfjähriger Dienstzeit erhalten das Offiziersportepee die übrigen nach § 187 des 1. Bandes der Kriegsdienstordnung in die Klasse der Oberfeldwebel ec. gehörenden Unteroffiziere;
3) Profosen welche die Gradabzeichen des Oberfeldwebels haben, tragen das Portepee nicht;
4) Die Offiziersschärpe ohne Quasten kommt als Auszeichnung für die Oberfeldwebel und sämtliche Unteroffiziere dieses Ranges in Wegfall.
Sodann haben Seine Königliche Majestät vermöge höchster Entschließung von demselben Tage gnädigst verfügt, dass die Oberfeldwebel und alle diejenigen Unteroffiziere vom Rang derselben, welche dermalen den früheren Fußartilleriesäbel führen, mit einem gelbgarnierten Degen ausgerüstet werden.
Derselbe ist an dem gewöhnlichen Leibgürtel in einem abgeänderten Faschinenmesserträger neuer Ordonnanz ohne Bajonettscheide zu tragen.
Dieselben Degen erhalten auch die Brigadestabsfouriere der Infanterie, die Kapellmeister, sowie die Stabshornisten der Jägerbataillone und ist derselbe von diesen an der seitherigen Kuppel zu tragen."
Die Beschaffung der Degen mit dem württembergischen Wappen auf dem Stichblatt, dessen Muster das Korpskommando geprüft und für gut befunden hatte, wurde dann mit dem folgenden Erlass des Kriegsministeriums an die Arsenaldirektion vom selben Tage eingeleitet:
"Derselbe wird unter Bezug auf den in Abschrift angeschlossenen Erlass an das Korpskommando vom Heutigen aufgegeben:
1. mit den Gebrüdern Weyersberg in Solingen einen Vertrag über die Lieferung von 200 Stück Degen nach beifolgenden Muster, nebst 10% Reserveklingen, mit Lieferzeit von 8 Wochen ungesäumt abzuschließen und darin die Genehmigung durch das Kriegsministerium vorzubehalten, sowie
2. einen Faschinenmesserträger neuer Ordonnanz in einen gefällig aussehenden Degenträger umzuändern und sodann zur Siegelung vorzulegen.
Die an das Arsenal von den Abteilungen wieder zur Abgabe kommenden Fußartilleriesäbel sind seinerzeit durch Verkauf aus den Arsenalbeständen gänzlich zu beseitigen."
Der Vertrag mit Weyersberg wurde am 7. Mai abgeschlossen und 200 Degen zum Preis von je 5 Gulden 45 Kreuzer bestellt. Der Musterdegen wurde gesiegelt als: „Muster eines Degens für Oberfeldwebel nach Dekret vom 12. April 1870 Nr. 2434“ und der Arsenaldirektion übergeben.
Die vorgesehene Abänderung der Faschinenmesserträger wurde wieder verworfen, da bei der Abtrennung der Bajonettscheide die frühere Naht an mehreren Stellen sichtbar blieb, weshalb das Arsenal vorschlug, neue Träger herzustellen, zumal das Leder hierzu vorhanden sei. Dem Antrag wurde stattgegeben und dem Korpskommando übermittelt:
„Unter Berufung auf den Erlass vom 12. d. M. wird das Korpskommando in Kenntnis gesetzt, dass das Kriegsministerium sich veranlasst gefunden hat, die Degenträger für Oberfeldwebel statt durch Abänderung von Faschinenmesserträgern aus neuem Material herstellen zu lassen.“ Und dem Arsenal wurde mitgeteilt:
„Dem in der Meldung vom 6.d. M. gestellten Antrag entsprechend, will das Kriegsministerium genehmigen, dass, der zur Ausrüstung der Truppenkorps erforderlichen Gesamtbedarfs an Degenträgern für Oberfeldwebel nach dem beifolgenden gesiegelten Muster aus neuem Material hergestellt werde. Die Anfertigung der Degenträger ist in der Art zu beschleunigen, dass dieselben gleichzeitig mit den neuen Degen an die betreffenden Abteilungen ausgegeben werden können. Die Anfertigungskosten sind auf den ordentlichen Arsenaletat pro 1869/70 zu übernehmen.“
Der neue Degenträger wurde als: „Muster eines Degenträgers für Oberfeldwebel nach Dekret vom Mai 1870 Nr. 3104“ gesiegelt
Der neue elegante, leichte Degen mit Bügelgefäß und karierter Ebenholzhülse, hat ein Stichblatt aus Messing auf dem sich das württembergische Landeswappen befindet. Die Klinge ist einschneidig, mit beidseitiger flacher Hohlkehle, halbrundem Rücken und einer Mittelspitze. Die schwarze Lederscheide hat ein Mundblech mit Tragehaken und Beschlägen aus Messing. Er wurde in einem Degenträger am Kuppel (Gürtel) getragen.
Wie lange diese Degen getragen wurden ist nicht bekannt, jedoch wurde im Zuge der Einführung der neuen Uniform nach preußischem Muster am 23. Januar 1872 unter Anderem verfügt, dass:
„Die Offiziere der Infanterie und Pioniere sowie Ärzte und Beamten und die zum Tragen des Offiziersseitengewehrs Berechtigten obengenannten Truppen und Branchen tragen im Frieden in und außer Dienst den Infanteriedegen resp. Füsiliersäbel nach Preußischem Muster. Im Krieg darf der bisherige Säbel an schwarzlackierter Lederkuppel getragen werden.“
Nach dieser Vorschrift wurden ab 1872 auch die Feldwebel und Vizefeldwebel des 1.und 2. Bataillons der Infanterieregimenter mit dem preußischen Infanterieoffiziersdegen alter Art und die des 3. Bataillons mit dem Füsiliersäbel nach preußischem Model bewaffnet. So mussten die Oberfeldwebel schon bald ihren schönen Degen gegen die entsprechenden Seitengewehre nach preußischem Muster eintauschen. Wie aber entsprechende Truppenstempel -
121. L. I. 21. = Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 121, 1. Bataillon, Waffe Nr. 21
119. L. I. 4. 2. = Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 119, 1. Bataillon, 4. Kompanie, Waffe Nr. 2
119. L. II. 3. 2 = Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 119, 2. Bataillon, 3. Kompanie, Waffe Nr. 2
B.K. 122.L.I. 8 = Bezirkskom. des I.Bataillons des Landwehr-Regiments Nr. 22, Waffe Nr. 8
- beweisen wurden die erst 1870 eingeführten Degen für Oberfeldwebel Mod.1870 bei der Landwehr weiter verwendet.
Im „Leitfaden betreffend die Seitengewehre der Truppen zu Fuß, Stuttgart, 1892“ ist der Degen für die Oberfeldwebel der Infanterie M 1870 dann aber nicht mehr aufgeführt.
Eine Gruppe von württembergischen Unteroffizieren der Infanterie aus der Zeit um 1868/69. Der Oberfeldwebel in der Mitte trägt noch den alten Fußartillerieunteroffizierssäbel.