Die Württembergische Kavalleriepistole M 1817


Geschichte


Im Jahre 1806 wurde im Württemberg beschlossen, eine eigene Gewehrfabrik zu errichten. Man baute zu diesem Zweck im Hüttenwerk Christophsthal bei Freudenstadt eine Rohrschmiede, eine Bohrmühle nebst Schleifwerk, eine Gewehrschlossschmiede, eine Bajonettschmiede, eine Ladestockschmiede und eine Klingenschmiede und begann mit der Herstellung. Die in Christophsthal geschmiedeten Teile wurden nach Ludwigsburg gebracht und in einer dort eingerichteten Abteilung zu fertigen Waffen zusammengesetzt. Schon nach wenigen Jahren ergab sich die dringende Notwendigkeit, die bisher getrennten Fertigungsstellen an einem Ort und unter einer Verwaltung zusammenzulegen. Der Staatsrat und Oberst Karl Friedrich von Kerner wurde beauftragt, einen hierfür geeigneten Ort ausfindig zu machen. Nach längeren Studienreisen schlug er dem König vor, die Gewehrfabrik nach Oberndorf am Neckar zu verlegen. Ein im Jahre 1805 säkularisiertes Augustinerkloster mit Nebengebäuden und genügender Wasserkraft in unmittelbarer Nähe schien für die Zwecke einer Gewehrfabrik besonders geeignet zu sein. Gemäß dem Vorschlag des Obersten von Kerner genehmigte König Friedrich am 31 Juli 1811 die Errichtung der königlichen Gewehrfabrik in Oberndorf. Die Fertigungsstätten in Christophsthal und Ludwigsburg wurden geschlossen. Schon im Laufe des Jahres 1812 war in einzelnen Teilen des Werkes der Betrieb aufgenommen worden, am 6. November 1812 waren die Arbeiten so weit fortgeschritten, dass das ganze Unternehmen in Betrieb gesetzt werden konnte.

Die Leitung hatte, nachdem Oberbüchsenmacher Eichhorn, welcher die Fabrik funktionstüchtig gemacht hatte, nach Ludwigsburg zurückgegangen war, Gewehrfabrik-Inspektor Franz Ulrich

Im ersten Betriebsjahr 1812/13 wurden in der neuen Fabrik viele Bestandteile, z.B. Gewehrläufe, Schlösser, Ladestöcke usw., von der aufgelassenen Fabrik in Christophsthal und vom Arsenal in Ludwigsburg übernommen und zu gebrauchsfähigen Gewehren zusammengesetzt. Auch bei Händlern angekaufte Teile verwendete man. So wurden laut den Berichten von Kerner und Ulrich, von Mai 1812 bis Ende Oktober 1813 982 Infanteriegewehre aus Teilen, die Wolff Kaulla geliefert hatte, 291 Infanteriegewehre „ganz neuer Ordonanz“, 34 Kavalleriesäbel und 4374 Infanteriesäbel in Oberndorf hergestellt, und 1056 andere Gewehre repariert.

Im Jahre 1808 noch vor der Fabrikgründung Oberndorf, wurde erstmals ein eigenes württembergisches Infanteriegewehr eingeführt und auch in Württemberg gefertigt. Das Gewehr 1808 mit einer Gesamtlänge von 1461mm, Lauflänge 1086 mm, Kaliber 18 mm und einem Gewicht von 4,3 kg war sehr stark dem französischen Mod.1777 AN IX nachempfunden. Der schwarz lackierte Schaft hat einen leichten Backenausschnitt, die Garnitur ist aus Eisen, nur Korn und Pfanne sind aus Messing. Das Schloss entspricht dem des französischen Gewehr 1777 AN IX . Der Hahn hat den herzförmigen Durchbruch des französischen Vorbilds. Das Schlossblech der frühen Gewehre ist mit „ K: WÜRT: GEW: FABRIK“ gekennzeichnet, die späteren Gewehre 1808 tragen das Signum: „KOENG: WÜRT: FABRIK“ in neuer Schreibweise. Die Gewehre 1808 wurden bis etwa Oktober 1813 in Ludwigsburg und später auch in Oberndorf gebaut und zwar 5000 Stück, wovon die meisten in Russland geblieben sind. Im originalen Zustand sind nur noch wenige Exemplare erhalten, man findet aber häufig noch für militärische Verwendung gekürzte Gewehre 1808.

Der Fabrik-Inspektor Franz Ulrich entwickelte nach seinen Vorstellungen ein neues Infanteriegewehr, das am 26. März 1813 dem König vorgelegt wurde. Nach der Prüfung durch ein von König Friedrich eingesetztes Komitee, wurde am 4. April das Muster angenommen. Das Modell des zweiten eigenen Infanteriegewehrs der Königlich Württembergischen Armee, das Gewehr 1813 oder auch Soldatengewehr 1813 genannt, in der Gewehrfabrik Oberndorf entwickelt und auch dort hergestellt, entspricht weitgehend dem Mod. 1777 AN IX , jedoch mit typisch württembergischen Abweichungen. Deutlich unterschiedlich sind der auf größere Festigkeit ausgelegte Hahn mit Langloch an Stelle des herzförmigen Durchbruchs und die Begrenzung des Hahnweges am Schlossblech vor der Pfanne durch eine “Stolpe“. Daneben gibt es einige weniger auffällige Abweichungen, z.B. an Lauf, Schlossblech, Abzugsblech und Abzugsbügel, sowie bei der Lagerung des Abzugs mit einer Schraube im Schaft. Die Gewehre 1813 sind erstmals mit „OBERNDORF“ auf der Laufoberseite und mit „ KOENG: WÜRT: FABRIK“ auf dem Schlossblech signiert. Bei den bis zum Jahre 1817 hergestellten Gewehren steht auf der linken Lauffläche auch das Signat „ULRICH“. Da die Fertigung von Gewehren vermutlich in der ersten Hälfte des Jahres 1817 eine längere Unterbrechung erfuhr, kann man davon ausgehen, dass alle Gewehre ohne „ULRICH“ erst ab Mitte der zwanziger Jahre in Oberndorf entstanden. Der Schaft hat einen leichten Backen ausschnitt, und die Garnitur ist aus Eisen.

Bis zum Tode König Friedrichs wurde in der Gewehrfabrik in Oberndorf ausschließlich das Gewehr 1813 hergestellt. So lagen schon 6215 Gewehre 1813 im Arsenal als man 1817 mit der Erweiterung der Modellreihe begann. Dabei wurden für die Reiterei der Karabiner 1817, die Pistole 1817, der Lange Karabiner 1817 und der Schützenkarabiner 1817 eingeführt. Die Pistole 1817 und der kurze Karabiner 1817 wurden völlig neu mit den für das Gewehr 1817 typischen Merkmalen hergestellt. Der lange Karabiner 1817 und der Schützenkarabiner 1817 wurden zunächst aus französischen Mousquetons oder Teilen französischer Herkunft hergerichtet. Der Kaliber war bei allen Waffen gleich.

Die Pistole M 1817 wurde ausschließlich in der württembergischen Gewehrfabrik Oberndorf am Neckar gefertigt. Sie gehört in der originalen Steinschlossausführung mit zu den seltensten Kavalleriepistolen ihrer Zeit und ersetzte die bis dato von den Reitern geführten französischen und österreichischen Steinschlosspistolen M. AN 13 bzw. M 1798. Eine Kriegsdienstanweisung aus dem Jahre 1832 regelte die Verteilung der Pistole M 1817 dahingehend, dass die Mannschaften und Dienstgrade der Kavallerie nur noch eine Ordonnanzpistole, diejenigen der Feldjäger und der Leibgarde dagegen zwei Ordonnanzpistolen führten. Dabei erhielten die berittenen Soldaten welche keinen Karabiner führten, einen separaten Ladestock für die Ordonnanzpistole M 1817.

Die frühen Pistolen 1817 sind mit "OBERNDORF", "ULRICH" und der Fertigungsnummer auf dem Lauf, sowie "KOENG: WÜRT: FABRIK" auf der Schlossplatte gekennzeichnet. Einige tragen auch den Abnahmestempel "FR" unter Krone im Schaft auf der Schlossgegenseite.

Von der Pistole 1817 wurden

1816/17 2700 Stück,

1818/19 546 Stück ;

1827 1 Pistole und

1827/28 138 Pistolen hergestellt.

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zusammen 3385 Pistolen.



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