Die Württembergische Kavalleriepistole M 1862


Geschichte


In Württemberg wurden schon Versuche mit kleinkalibrigen Waffen durchgeführt, als sich 1856 die Staaten des 8. Armeecorps zur Annahme des österreichischen Kalibers von 13,9 mm entschieden hatten. Auf der Heidelberger Konferenz nahmen die drei Staaten Hessen, Baden und Württemberg „vereint“ die Konstruktion des Oberleutnant Breithaupt an. Wahrscheinlich rührt daher die eigentümliche Bezeichnung „Vereinsgewehr“.

Im Gegensatz zu den beiden anderen Staaten stellte Württemberg seine gesamte Bewaffnung auf das neue Kaliber um. Infanterie, Artillerie, Pioniere und natürlich auch die Reiterei erhielten neue gezogene Waffen im kleinen Kaliber. Das Gewehr 1857 für die Infanterie hat folgende Daten : Lauflänge: 100cm, Kaliber: 13,9 mm, Züge: 5, Hakenschwanzschraube, Zündstollen mit Schirm angeschweißt, Quadrantenvisier mit Zeiger nach unten, Eisengarnitur, Perkussionsschloß mit nur einer Spannrast, Dillenbajonett, Nußbaumschaft ohne Backe. Der Ladestock mit zwei Messingköpfen und der Verdickung, der „Wade“, welche dem Stock einen strammen Sitz in der Bohrung des Oberbundes und zentrische Führung im Lauf sichern sollte, brauchte nicht gewendet zu werden. Für die Artillerie wurde das Artilleriegewehr 1860 mit Haubajonett, für die Pioniere das Pioniergewehr 1860 ohne Aufpflanzvorrichtung und für die Kavallerie der Karabiner 1860 und die Pistole 1862 eingeführt. Die 1859 errichteten Jägerbataillone erhielten die Jägerbüchse 1860 mit Yatagan.

Die Waffen sind in ihren Details weitmöglichst dem Infanteriegewehr nachgeformt. Dies betrifft das Schloß, den Zündstollen, die Laufbefestigung und den Ladestock. Alle Waffen haben Nußbaumschäfte und Eisengarnituren. Die Gewehrfabrik in Oberndorf war durch die Produktion der neuen kleinkalibrigen Waffen derart ausgelastet, daß man auch Aufträge an private Suhler Waffenfabriken vergeben mußte. So wurden die Reiterkarabiner komplett und die Waffen der Infanterie, Pioniere und Artillerie teilweise in Suhl gefertigt. Nur die Pistole 1862 wurde allein in der Gewehrfabrik Oberndorf hergestellt. Die ursprüngliche Pistole 1862 war nur mit einer Rast und ohne Ring ausgestattet. Nach dem Krieg 1870 bzw. nach der Einführung der preußischen Vorschriften wurde eine zweite Rast und der Ring an der Kolbenkappe nachgerüstet.

Es wurden 1862/63 2 Muster und 1950 und 1863/64 400; zusammen 2350 Pistolen 1862 in Oberndorf hergestellt.

Die Pistole 1862 wurde ausschließlich von den Reiterregimentern verwendet, die glatten Pistolen wurden an die Artillerie und den Train abgegeben.

Nach dem die Reiterei 1869 ihre Perkussionskarabiner ablegte, wurden 32 Mann pro Eskatron mit preußischen Zündnadelkarabinern M/57 bewaffnet, der Rest führte die Pistole 1862. Nach dem Krieg wurde die württembergische Reiterei in zwei Dragoner- und zwei Ulanenregimenter aufgeteilt. Die Dragoner erhielten den Zündnadelkarabiner M/57 und die Ulanen bis zu Einführung der Karabiner M 71 die französischen Chassepotkarabinern aus der Kriegsbeute und die Pistole 1862.


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