Die preußische alte Jägerkorps-Büchse 1796-1810
Geschichte
Die preußische alte Jägerkorps-Büchse 1796-1810
Text: Udo Lander
Mit Kabinettsordre vom 15. Juni 1744 errichtete Friedrich II. Ein Korps Feldjäger zu Fuß, dessen anfängliche Gesamtstärke von zwei Kompanien nach und nach vermehrt wurde und im Jahre 1786 Regimentsstärke erreichte. Während die Linieninfanterie als Hauptwaffe das glattläufige Bajonettgewehr führte, dessen schlechte Treffgenauigkeit dadurch wettgemacht wurde, daß die entsprechend den Regeln der Lineartaktik manövrierenden Bataillone schnell aufeinanderfolgende Salven schossen und damit viel Blei in kurzer Zeit an den Gegner brachten, führten die Jäger zumindest bis 1760 generell Büchsen. Diese waren aufgrund ihres gezogenen Laufs zum Präzisionsschuss geeignet, ihre hohe Treffgenauigkeit musste jedoch durch einen zeitraubenden Ladevorgang erkauft werden. Da das Büchsenschießen fundierte Kenntnisse im Umgang mit dieser Waffe voraussetzte, rekrutierten sich die Jägereinheiten zum größten Teil aus einheimischen Forstleuten, die an den Umgang mit der Büchse berufsbedingt gewöhnt waren, und die auch ihre eigenen „Pirschbüchsen“ im Regelfall zur Truppe mitbrachten , wofür sie vom Staat eine Entschädigung erhielten. Daraus folgt, daß man von einer speziellen „preußischen Jägerbüchse“, die ordonnanzmäßigen Normen entsprochen hätte, zu diesem Zeitpunkt noch nicht sprechen kann.
Nachdem es 1760 bei Spandau zu einer Beinahe-Katastrophe für das Jägerkorps gekommen war, die sich auf freiem Feld plötzlich Kosaken gegenübersahen, deren sie sich mit ihren langsam zu ladenden Büchsen nur unzureichend erwehren konnten, erhielten 2/3 der Mannschaft statt der Büchsen gezogene Schützengewehre mit Bajonett.
Die in den Schlesischen Kriegen und im Siebenjährigen Krieg in Verlust geratenen Büchsen wurden nicht, wie zu erwarten wäre, durch Lieferungen aus der Gewehrfabrik Potsdam-Spandau ergänzt, sondern der Ersatz musste aus dem Ausland beschafft werden; als Lieferanten kommen hierbei die Büchsenmacher aus Suhl, Zella und Essen, aber auch Lüttich und Amsterdam in Frage . Die von dort, sicherlich aber auch von manchem privaten Büchsenmacher gelieferten Waffen entsprachen weitgehend den in die Truppe mitgebrachten, jagdlichen Büchsen, wenngleich deren oft üppige Ornamentik militärischer Nüchternheit zum Opfer fiel. Die Auftragsvergabe an Fremdfirmen war deshalb notwendig, weil die preußische Gewehrfabrik, bedingt durch die hohen Kriegsverluste an Waffen gar nicht in der Lage war, neben den erheblichen Mengen an dringend benötigten Infanterie- und Kavalleriefeuerwaffen auch noch Büchsen im erforderlichen Umfang herzustellen, da deren Fertigungsprozess wegen des gezogenen Laufs besonders langwierig war.
Die recht genaue Eingrenzung des Herstellungszeitraums der Büchse ergibt sich zum einen aus der Signatur „G.S.“ auf dem Schloss, die in dieser Form erst ab 1796 Verwendung fand. Zum andern besitzt die Büchse eine Einrichtung zum Aufpflanzen eines Hirschfängers. Aufpflanzbare Hirschfänger wurden mit Anordnung Friedrichs II. Vom 22. Oktober 1784 vorgeschrieben.