Preußische Zündnadelbüchse M/54 (Pikenbüchse)


Geschichte


Im Jahre 1851 waren das Garde-Jäger-Bataillon und das Garde-Schützen-Bataillon mit der nur bei Dreyse in Sömmerda gefertigten Zündnadelbüchse M/49 ausgestattet worden, alle anderen Jägerbataillone führten noch immer die erst wenige Jahre zuvor auf den neuesten Stand der Vorderladertechnik gebrachten Perkussions-Jägerbüchsen M 1811/35/47 UM.

Brandenburgisches Jäger-BataillonErst eine Allerhöchste Kabinettsordre vom 22. März 1855 änderte diese Mischbewaffnung. Die Zündnadelbüchse M/54 wurde offiziell eingeführt. Nach und nach, beginnend im Jahre 1854 mit dem Garde-Jägerbataillon, das Versuche mit der neuen Zündnadelbüchse M/54 durchzuführen hatte, erhielten bis 1866 alle Jägerbataillone die neue Waffe, die nach ihrer seltsamen Konstruktion der ausziehbaren Pike als Pikenbüchse bezeichnet wurde. Die neue Waffe besaß im Gegensatz zu den seit Jahrhunderten gewohnten Vorderladerbüchsen nicht nur ein völlig anderes Zündsystem, sondern ihr fehlten auch so jägertypische Dinge wie ein Kolbenfach, ein Stecher, ein kantiger, gebräunter Lauf, insbesondere aber der für die standesbewussten Jäger so eminent wichtige Hirschfänger. Diese Defizite, aber auch der Umstand, daß sich die als Bajonett, aber auch als Putz- und Entladestock zu verwendende Pike überhaupt nicht bewährte, bescherten der Pikenbüchse bei der preußischen Jägertruppe ein im Verhältnis zu anderen, über lange Jahre, oft Jahrzehnte geführten Waffen ein nur kurzes Dasein. Bereits 1865 wurde sie durch ein dem Geschmack der Jäger eher entsprechendes Nachfolgemodell ersetzt.

Ein Großteil der bei den Jägern ausrangierten Büchsen M/54 wurden gemäß AKO vom 16. November 1865 durch Kürzung um 140mm, Entfernung der Pike und Auffütterung ihrer Nut mit Holz sowie Anbringung einer Aufpflanznocke für ein Faschinenmesser in Pioniergewehre UM umgebaut.

Einen weitaus beachtlicheren Erfolg hatte die Pikenbüchse jedoch bei der Königlich Preußischen Marine, wo sie lange Jahre zur Bewaffnung der Matrosen gehörte, während die Seesoldaten anfänglich mit Zündnadelgewehren M/41, später mit Füsiliergewehren M/60 ausgerüstet waren. Bereits 1859 hatte die königliche Marine Pikenbüchsen M/54 erhalten und noch 1866 und 1868 orderte das Marineministerium beim Allgemeinen Kriegsdepartement insgesamt 1348 Zündnadelbüchsen M/54 zur Ausrüstung seiner Matrosen. Eine Lieferung in diesem Umfang war wohl deswegen möglich geworden, weil durch die Umrüstung der Jägerbataillone auf die neuen Zündnadelbüchsen M/65 genügend Pikenbüchsen zur Verfügung standen.

Auch die hier ausgestellte Pikenbüchse war entsprechend dem auf ihrem Kolbenblech vorhandenen Truppenstempel bei der Marine eingesetzt. Sie gehörte zum Bestand der erst im Oktober 1871 errichteten 1. Matrosen-Division in Wilhelmshaven.

Die heutige Seltenheit der originalen Pikenbüchse rührt daher, daß 1869 ein Großteil der vorhandenen Bestände an Pikenbüchsen ordonnanzmäßig gekürzt zu Zündnadel-Pioniergewehren umgebaut worden ist.

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