Ola Caballeros - spanische Pistole M 1815 für die Königliche Garde
Geschichte
Text: Udo Lander
Heute vergeht fast kein Tag, an dem das Fernsehen oder die Tagespresse nicht meist wenig Positives über das EU-Mitgliedsland Spanien zu berichten hat. Doch ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass Spanien einst weltbeherrschend war und der Beginn seines kontinuierlichen politischen und wirtschaftlichen Abstiegs schon sehr lange zurückliegt. .
Die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus im Oktober 1492. machte Spanien zu einer der mächtigsten Nationen der Welt. Als Königin Isabella 1504 starb, hinterließ sie den Thron ihrer Tochter Johanna, deren Ehemann Philipp als Sohn des deutschen Kaisers die Verbindung zum Haus Habsburg begründete. Karl I. von Spanien, welcher als Karl V. gleichzeitig Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation war, vereinte 1517 eines der größten Weltreiche der Geschichte, in welchem „die Sonne nicht unterging“. Nach Karls Rückzug aus der Regierungsverantwortung 1556 wurde sein Reich zwischen der spanischen und der österreichischen Linie der Habsburger aufgeteilt. Doch die gestiegene, politische Geltung verwickelte Spanien in verlustreiche Kriege mit Frankreich, den Niederlanden und England. Der Sturm, der die Spanische Armada 1588 auf ihrer Fahrt gegen England versenkte, beendete das Goldene Zeitalter Spaniens. Es begann nun ein langanhaltender Abstieg, der, wie man heute den Tagesnachrichten entnehmen kann, seinen Tiefstpunkt offenbar noch immer nicht erreicht hat.
König Ferdinand VII.
Während der französischen Besetzung Spaniens durch napoleonische Truppen wurde Ferdinand, der fünfte Sohn des rechtmäßigen spanischen Königs Karl IV. aus der französischen Linie Bourbon ab 1808 zur Symbolfigur für den Aufstand gegen Napoleon. Er konnte im März 1814 als Monarch nach Spanien zurückkehren, wo er zunächst mit Begeisterung empfangen wurde. Doch die Aufhebung der von den Franzosen erlassenen Verfassung von 1812 und die Errichtung einer blutigen Reaktion mit Inquisition und Folter dämpfte die allgemeine Begeisterung sehr schnell. König Ferdinand VII. stellte den Regierungsabsolutismus in so extremer Form wieder her, dass er sogar die Unterstützung der übrigen europäischen Monarchien verlor.
Ein Putsch im Januar 1820 zwang ihn jedoch, die von ihm abgeschaffte Verfassung von 1812 wiederherzustellen und die Macht mit den unterschiedlichen Strömungen der revolutionären Bewegung zu teilen. Diese Kehrtwendung der spanischen Politik hin zum Liberalismus widersprach nun natürlich völlig der Auffassung und Intention eines Bündnisses zwischen Russland, Österreich, Preußen und Frankreich. Dort empfand man dieses Vorgehen als so unerhört, dass das Bündnis im Jahre 1822 Frankreich mit einer militärischen Intervention in Spanien beauftragte um Ferdinand VII. zu befreien und seine absolutistische Herrschaft wieder herzustellen. Dies gelang tatsächlich; 1823 kehrte König Ferdinand VII. zum alten System zurück und regierte bis zu seinem Ableben im Jahr 1833. Aus er ersten Regierungsepoche König Ferdinands VII. zwischen 1814 und 1820 stammt die nachfolgend vorgestellte Pistole seiner Königlichen Garde.
Kavalleriepistole der „Guardia Real“, der Königlichen Garde M 1815
Nussbaumschaft mit Messingbeschlägen, diese bestehend aus recht flacher Kolbenkappe, einteiligem Abzugsbügel und halbem Vorderschaftband. Das eiserne Schlossgegenblech für zwei Schrauben und der eiserne Gürtelhaken sind aus einem Stück gefertigt. Miqueletschloss mit gegossener Messingpfanne. Schlagfläche der Batterie längs gerillt. Signatur „DVI“ auf dem Schlossblech außen unterhalb der Pfanne. Runder, am Pulversack kantiger Lauf. Lauf/Schaft-Verbindung durch Kreuzschraube und einen Schieber am Vorderschaft. Ladstock mit an der Laufunterseite kurz hinter der Mündung angebrachtem Scharnier
Neuerrichtung
Mit der Rückkehr König Ferdinands VII. im Jahr 1814 und der Vertreibung der Franzosen aus Spanien konnte wieder eine neue Gardetruppe, die „Guardia Real“ aufgestellt werden, zu deren Ausstattung die hier vorgestellten Pistole beschafft wurde. Die neue Garde-Pistole zeigt auf dem Schlossblech eine Signatur „DVI“ die man als Herstellersignat werten kann, doch ist deren Bedeutung leider nicht bekannt. Als sicher aber kann gelten, dass dies das letzte spanische Ordonnanzmuster mit einem Miqueletschloss war. Die bereits zehn Jahre später eingeführte Nachfolgepistole M 1824 der Guardia Real besaß bereits ein normales Steinschloss, das in seiner Ausführung den französischen Vorbildern M an9/13 sehr nahe kam.