Deutsches Reich: Der Kavalleriekarabiner M/71

Geschichte

Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 hatte deutlich gemacht, dass die Berittenen der deutschen Kontingente mit ihren glatten Uralt-Vorderlader-Pistolen und nicht wesentlich besseren Zündnadelkarabinern M 1857 gegen die Franktireurs mit ihren weitreichenden Chassepot-Gewehren völlig hilflos waren. Deswegen verfügte Kaiser Wilhelm I. im März 1873, dass ein auf dem System des Infanteriegewehrs M 1871 Mauser basierender Karabiner zu entwickeln sei, mit dem die leichten Kavallerie-Regimenter komplett auszurüsten seien. Bei den schweren Regimentern sollten 32 Mannschaften je Eskadron die neuen Karabiner erhalten. Auch für die berittenen Mannschaften der Train-Bataillone und der Stäbe war die Ausstattung mit neuen Karabinern vorgesehen. Mit der Neukonstruktion wurde die Gewehr-Prüfungskommission beauftragt. Die entsprechende Musterwaffe wurde schließlich im Mai 1875 angenommen. Da zu der Zeit alle staatlichen Gewehrfabriken mit den Aufträgen zur Lieferung von Gewehren M 1871 ausgelastet waren, ging der Fertigungsauftrag von 60000 Karabiner M 1871 an die Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft in Steyr, wo die Produktion im Januar 1877 anlief. Da das Königreich Bayern ab 1877 seine Kavallerie dem preußischen Gliederungs- und Ausstattungsschema angepasst hatte, bestellte das bayerische Kriegsministerium 10000 Karabiner beim Suhler Konsortium Spangenberg 6 Sauer, Schilling und Hänel. Die für die württembergische Kavallerie notwendigen 3000 Karabiner M 1871 lieferte Mauser in Oberndorf. Später wurden auch noch Karabiner in Spandau gefertigt.

Die Karabiner M/71 wurden ab 1892 durch den neuen Karabiner 88 im Kaliber 8 mm ersetzt. Die ausgemusterten Karabiner wurden an Soldaten zu 2 Mark das Stück verkauft. Ein Restposten ging im Jahre 1906 an China.

Technische Daten und Maße

Abmessungen und Daten :

Gesamtlänge:1050 mm

Lauflänge: 487 mm

Gewicht: 3326 g

Kaliber: 11 mm

Züge: 4, rechts

Sicherung: Flügelsicherung (wirkt nur bei gespanntem Schloss).

Schlosssystem: Zylinderverschluss, Öffnungsspanner.

Visier: Standvisier, kleine Klappe und Rahmen, bis 1200 m

Funktion: Einzellader

Patrone: Patrone M/71, abgeplattet, Gesamtlänge: 78 mm, Gesamtgeweicht: 43,4g, Ladung: 5 g Schwarzpulver, Geschoßgewicht: 25g (Weichblei).

Beschreibung

Nussbaumschaft mit geschwärzten Eisenbeschlägen, diese bestehend aus von unten verschraubtem Vorderring mit seitlich hochgezogenem Kornschutzbacken, rechtsseitig federarretiertem Laufring mit ringförmiger Riemenöse, Unterbügel mit Abzugsblech und Abzugsbügel, hinterer, in der Kolbenunterseite eingeschraubter Riemenöse und Kolbenblech. Einzellader-Zylinderverschluss System Mauser mit Sicherungsflügel. Die Sicherung funktioniert nur im gespannten Zustand. Runder, am Patronenlager kantiger Lauf, zusammen mit dem Verschlussgehäuse gebräunt. Rahmenvisier mit Standvisier (270 Meter) und kleine Klappe. Rahmen mit Visierschieber bis 1200 Meter.

Stempel und Signaturen

Seriennummer : „442C“ auf dem Lauf, der Hülse und der Kammer.

„FW“ unter Krone (Abnahme) auf dem Lauf und dem Kolben rechts.

„OESTERR.WAFFFB.GES.“ (Hersteller) auf dem Lauf.

„K. Mod. 71“ (Modellbezeichnung) auf der linken und „1876“ (Produktionsjahr) auf der rechten Seite der Hülse .

Truppenstempel auf der Kolbenkappe unten :

„21.D. 3. 132“ = 21. Dragoner-Regiment, 3. Kompagnie, Waffe Nr. 132.

Literatur