Geschichte
Nach 1800 spielte die Schusswaffe eine dominierende Rolle bei der Austragung von Ehrenhändeln. Zur standesgemäßen Ausstattung eines jungen Adligen gehörte ein Duellpistolenpaar im Kasten mit entsprechendem Zubehör wie Kugelzange, Lade und Putzstock und Pulverflasche. So war es nur eine logische Folge, dass ganze Büchsenmachergenerationen mit der Herstellung feiner Duellkasten sich einen exzellenten Ruf erwarben.
In Frankreich des 18. und 19. Jahrhunderts stand in Bezug auf hervorragende Arbeiten auf dem Schusswaffensektor die Familie Le Page in der ersten Reihe.Das Haus Le Page wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Pierre Le Page gegründet. Geboren im Jahr 1700 kam er 1716 bei dem Büchsenmacher Pigny an der Rue Baillif in Paris in die Lehre. Er heiratete 1743 die verwitwete Nichte seines Lehrherrn und übernahm vier Jahre später dessen Werkstatt. Auf Grund seines Könnens wurde er 1750 zum offiziellen Büchsenmacher der Herzöge von Orléans ernannt. 1759 verlegte er seine Werkstatt in die rue de Richelieu No.13. In den darauf folgenden Jahren trat sein Neffe, der 1746 geborene Jean Le Page, der begabteste Büchsenmacher dieser Familie, in die Werkstatt ein und übernahm diese 1779. Jean Le Page wurde kurz darauf von König Louis XVI zum „Arquebusier du Roi“, zum königlichen Hofbüchsenmacher ernannt. Während der Französischen Revolution signierte er seine Arbeiten „Arquebusier du 1er Consul“ und danach „Arquebusier de L’Empereur“. Nach dem Sturz Napoleons trug er erneut den Titel „Arquebusier du Roi“ bis 1822. In diesem Jahr übernahm der Sohn (Jean André Prosper) Henry als viertes seiner sechs Kinder die inzwischen berühmte Werkstatt. Er war Büchsenmacher der Könige Louis XVIII, von Charles X und von den Herzögen von Orléans. Ab 1825 war er Mitglied des „Conseil Général des Manufactures“. Sein Schießstand und Beschussanstalt lag an der rue des Gourdes, Champs-Élysées. Seine Geschäftsadresse war nach Änderung der Hausnummer 8, rue de Richelieu. Aus dieser Zeit stammt das vorliegende Perkussionspistolen-paar. Es ist datiert 1830 und trägt die Herstellungsnummer -3246-. Henry Le Page war nicht nur ein hervorragender Büchsenmacher, sondern auch ein erfolgreicher Geschäftsmann und zeigte großes Interesse für alte Waffen und Harnische. Er betrieb einen regen Kunsthandel mit historischen Waffen und vermittelte unter anderem zahlreiche Stücke an die Armeria Reale in Turin, Italien. Henry Le Page war darüber hinaus wegen seiner Wiederentdeckung der Herstellungstechnik von orientalischen Damastläufen bekannt. Bei den Industrieausstellungen von 1823, 1827, 1834 und 1839 erhielt er jeweils die Silbermedaille für seine überragenden Arbeiten. Im Jahre 1832 wurde ihm und seinem Schwager Louis Perrin ein Patent für eine Pistole mit Hinterladung und eine Metallpatrone mit abnehmbarem Boden erteilt. Sein Vater Jean verstarb 1836. Henry Le Page war bis 1842 tätig und übergab dann das Geschäft an seinen Schwiegersohn Le Page-Moutier. Henry starb im Jahr 1854. Bis in unsere Tage existiert die „Arqubuserie Fauré- Le Page in der rue de Richelieu in Paris“.
Technische Daten und Maße
Abmessungen und Daten :
Gesamtlänge: 380 mm
Lauflänge: 240 mm
Schlosssystem: Perkussionsschloss
Kaliber: 13,5 mm
Züge: 14
Gewicht: 800 g
Schlosslänge: 100 mm
Beschreibung
Sehr frühe Perkussionspistolen, datiert 1830, welche die typischen Merkmale des Empire-Stils aufweisen: Muschel am Vorderschaft herausgeschnitzt. Der Hahn ist nur wenig geschwungen. Der Knauf ist vom Nussbaumgriff mittels Ebenholzplatte abgesetzt, die mit Lorbeerblattschnitzereien verziert ist. Den Knaufabschluss bildet eine gewölbte, gravierte eiserne Kappe. Der Abzugsbügel ist im vorderen Teil als Urne ausgestaltet. Die Pistolen sind auf Lauf und Schlossplatte signiert. Der Samtausschlag des Kastendeckels trägt in Goldprägung den Firmennamen.
Stempel und Signaturen
Auf der Schlossplatte in Gold signiert: LE PAGE A PARIS, umgeben von ovaler goldener Umrandung mit goldenen Blütenzweigen.
Auf der Laufoberfläche im Bereich der Pulverkammer oval mit verschieden farbigem
Gold eingelegt: LE PAGE ARQer DE ROI.
Auf der Einhakmontur des Laufes eingeschlagen: A(n) 1830.
Auf der Laufunterseite und auf sämtlichen Waffenteilen ist die Herstellungsnummer
– 3246 – eingeschlagen.
Literatur
- Heer: Der Neue Støckel, 3 Bände, Journal-Verlag Schwend GmbH, Schwäbisch Hall 1978
- Pierre Jarlier: Répertoire d’arquebusiers et de fourbisseurs français François-Pierre Lobies Éditeur, 89330 St.-Julien du Sault, 1976
- Jean-Jacques Buigné: Le „Qui est qui“ de l’arme en France de 1350- 1970, 2 Bände,2001 Edition du Portail, 8353 La Tour du Pin cedex
- Eugen Heer: in DWJ – Deutsches Waffen-Journal: Le Page und Söhne, königliche Hofbüchsenmacher.