Baden: Jägerbüchse in der Zeit von 1792-1803.

Geschichte

Mit Beginn der Feldzüge gegen das revolutionäre Frankreich, in deren Verlauf die badischen Feldtruppen allmählich verstärkt wurden, kam es auch zur Aufstellung von Milizverbänden, welche von den wehrfähigen Landeseinwohnern im Alter vom 18. bis 50. Lebensjahr aufgeboten wurden. Beginnend mit dem Jahr 1792 wurden die wehrfähigen Männer verzeichnet, einzelne Abteilungen zur Unterstützung der regulären Truppen, die im Wachdienst am Rhein standen, ausgehoben, Abteilungen aus Freiwilligen errichtet und aus den Forstleuten des Landes ein besonderes Jägerkorps formiert, welches aus zwei Kompanien mit zusammen ca. 250 Mann bestand.

Gemessen an der Gesamtstärke der Miliztruppen, die 10.500 Mann betrug, belief sich der Anteil des Jägerkorps lediglich auf 0,4 Prozent. Dies rührte daher, dass einerseits nur ein kleiner Teil von Leuten zur Verfügung stand, die im Umgang mit den schwierig zu ladenden Pflasterbüchsen geübt waren – größtenteils waren dies Forstleute , die zur Ausübung der Jagd auf präzise schießende Büchsen mit gezogenen Läufen angewiesen waren. Andererseits stand einem prozentual höheren Anteil an Jägertruppen dann die absolute Notwendigkeit entgegen, Büchsen im beträchtlichen Umfang beschaffen zu müssen, was mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden gewesen wäre, weil die Büchsen in ihrer Herstellung sehr arbeitsintensiv und daher teuer waren.

Insgesamt sind heute noch sechs identische Jägerbüchsen der hier vorgestellten Art bekannt, von denen vier von Thomas Wilhelm Pistor in Schmalkalden und zwei von J. C. Stöhr in Hanau gefertigt wurden. Die Bestellung der Büchsen in Schmalkalden und Hanau war insofern nicht ungewöhnlich, als die Markgrafschaft über keine eigenen Produktionsstätten verfügte – die Gewehrfabrik St. Blasien war zu diesem Zeitpunkt noch nicht etabliert – so dass es unumgänglich war, notwendige Waffen aus dem Ausland zu beziehen (in dieser Beziehung sollte die Firma Pistor in Schmalkalden kurze Zeit später eine wesentliche Rolle spielen). Notwendig aber dürfte die Beschaffung von Büchsen insofern gewesen sein, als bei Aufstellung des Jägerkorps sicherlich nicht jeder Mann seine eigene Waffe in die Truppe einbrachte, vielleicht auch nicht einbringen wollte, so dass der Fehlbestand auszugleichen war.

Wie die vorliegende Büchse zeigt, wurden auch bei belgischen Herstellern Büchsen in dieser Zeit gekauft.

Die Zuordnung der Büchse in die Zeit vor 1803 ergibt sich aus dem am Kolbenhals angebrachten Monogramm-Daumenblech: Der Fürstenhut über der Chiffre „CF“ hatte nur bis 1803 Gültigkeit, das der regierende Markgraf Carl-Friedrich von Baden nach dem Reichsdeputationshauptschluss im Jahre 1803 die Würde eines Kurfürsten annahm, wobei der Fürstenhut im Monogramm durch einen Kurhut ersetzt wurde.

Bildergalerie

Technische Daten und Maße

Abmessungen und Daten :

Gesamtlänge: 1100 mm

Lauflänge: 717 mm

Schlosslänge: 135 mm

Kaliber: 16,3 mm

Züge: 7

Gewicht: 3703 g

Schaft: Nussbaum-Vollschaft

 

Beschreibung

Nussbaum-Vollschaft mit für den Anschlag günstiger Kolbenabsenkung und Backe links; Lauf/Schaft-Verbindung durch Kreuzschraube, zwei Stifte/Ösen und Schraube des vorderen Riemenbügels; Alle Beschlagteile aus Messing, diese bestehend aus drei Ladestockröhrchen, vorderes und mittleres Röhrchen trichterförmig; oberer Riemenbügel kurz hinter dem Mündungsband durch den Schaft geschraubt, hinterer Riemenbügel ninter dem Abzugsbügel im Schaft verschraubt. Flaches Steinschloss mit ebensolchem Schwanenhalshahn und einfacher Batteriedeckellagerung; Batteriefeder von der Schlossinnenseite her verschraubt: Achtkantlauf, der sich in der Mitte verjüngt, zur Mündung hin aber an Stärke wieder zunimmt; Standvisier mit einer Klappe und Messingkorn. Hölzerner Ladestock mit Hornabschluss; Hirschfängerschiene in ihrer ganzen Länge bei der Mündung  an die rechte Laufseite  aufgelötet.

Stempel und Signaturen

Herstellersignatur „H N Martiny Fils a Liege „ (Henry Nicolas Martiny, Liege/Belgien 1790-1803) auf dem Schlossblech außen,

1 Güteprüfstempel in Sternform auf dem Lauf links.

Herrscher-Monogramm „C F“ unter Fürstenhut (Markgraf Carl Friedrich) auf Messingdaumenblech am Kolbenhals.

Herstellungszeitraum zwischen 1792 und 1803.

Literatur