Geschichte
Die Vernichtung der Großen Armee in Russland und die daraus sich ergebenden chaotischen Verhältnisse bei der badischen Armee machte eine sofortige Neuaufstellung von Truppen erforderlich; Baden stellte für den folgenden Feldzug in Sachsen und Schlesien 6.990 Mann, welche nun, da eigene Ressourcen nicht mehr zur Verfügung standen, von den Franzosen mit den erforderlichen Waffen ausgerüstet wurden.
Für die Dragoner-Regimenter, insbesondere das neu aufgestellte Dragoner-Regiment v. Geusau, welches das an der Beresina völlig vernichtete Husaren-Regiment v. Geusau ersetzen sollte, bewilligte Napoleon am 4. Februar 1813 1.200 Paar Pistolen, die über die Regierungsmanufaktur Mutzig geliefert wurden. Wie vorhandene Realstücke belegen, handelte es sich bei diewsen Waffen um Pistolen, die in der „Manufacture Nationale de Guerre“ in Lüttich für die Truppen der im Jahre 1795 gegründeten Batavischen Republik nach dem Vorbild der französischen Kavalleriepistole M 1763/66 gefertigt worden sind.
Diese Pistolen sind den Franzosen nach der Besetzung Lüttichs in die Hände gefallen. Sie entsprachen zwar in allen Abmessungen dem französischen Ordonnanzmodell M 1763/66, welches auch noch in der Revolutionszeit in großen Mengen hergestellt wurde, besaßen aber keinen Ladestock, womit sie nicht in das französische Exerzierschema passten und somit für die französische Kavallerie nicht brauchbar waren. Da die badischen Dragoner mit der Übernahme der österreichischen Karabiner ab 1809 den Karabinerladestockseparat am Bandelier trugen, konnten diese den Karabinerladestock auch für die Pistole benutzen, ein Verfahren, das die badische Armee bis zur Reichsgründung 1871 beibehielt. Alle danach gefertigten badischen Kavallerie- und Artilleriepistolen besaßen keine Ladestöcke. Die badische Pistole 1813 war letztlich das Muster, aus dem später die neben Lüttich auch in Delft und Maastricht gefertigte holländische Pistole M 1815 entstanden ist.
Anzumerken ist, dass die Modellbezeichnung der badischen Pistole 1813 ohne das sonst übliche „M“ = Modell auskommen muss, da diese Waffe nicht nach dem sonst üblichen Verfahren vom Landesherrn zum Modell erhoben worden war, sondern ohne jegliches Prüfverfahren einfach von den Franzosen übernommen wurde.

Technische Daten und Maße
Abmessungen und Daten :
Gesamtlänge: 396 mm
Lauflänge: 227 mm
Schloss: Steinschloss
Kaliber: 17,4 mm
Züge: glatt
Schaft: Nussbaumschaft
Beschreibung
Nussbaumvollschaft ohne Ladestocknut mit Messinggarnitur, diese bestehend aus an der Schaftunterseite in einem eisernen Widerlager verschraubtem Mündungsring, Abzugsbügel, Kolbenkappe und L-förmigem, gewölbtem Schlossgegenblech. Steinschloss mit flachem, an den Kanten abgeschrägten Schlossblech, ebensolchem Herzhahn und facettierter Eisenpfanne mit Verbindungssteg zur Batteriedeckelschraube. Batterie mit eingerolltem Fuß. Unterer Kolbenbügel aus Eisen. Runder, am Pulversack seitlich abgeflachter Lauf mit Stempelung „16“ oder“ 91“ links . Keine Visiereinrichtung. Keine weiteren Markierungen. Sämtliche Schraubenköpfe abgerundet.
Stempel und Signaturen
Auf dem Lauf:
am Pulversack Stempelung „16“ oder „91“ links.
Keine weiterenMarkierungen.
Literatur
- Udo Lander, Die Sammlungen des Wehrgeschichtlichen Museums im Schloß Rastatt, 2 Handfeuerwaffen, Teil III Baden (bis 1870), Freiburg im Breisgau, 1987
- Udo Lander, Die Handfeuerwaffen der Badischen Armee von 1738 bis 1873, Zweibrücken, 2014
- Unter dem Greifen, Altbadisches Militär von der Vereinigung der Markgrafschaften bis zur Reichsgründung 1771 – 1871, Herausgegeben von der Vereinigung der Freunde des WGM in Rastatt, bearbeitet von Sabina Hermes und Joachim Niemeyer, Karlsruhe 1984
- Vollmer, Udo, Die Bewaffnung der Armeen des Königreiches Württemberg und des Großherzogtums Baden, Schwäbisch Hall, 1981
- Vollmer, Udo ; Deutsche Militär-Handfeuerwaffen, Heft 7 Baden, Hohenzoller, Liechtenstein, Altshausen, 2005