Geschichte
Schon 1820 hatten in Hannover erste Versuche zur Perkussionierung der Langwaffen begonnen, die nach erfolgreichem Abschluss im Jahr 1832 zur Einführung des Perkussionssystems bei den Gewehren und Büchsen der Infanterie führten. Die Aptierung der Feuerwaffen für die Kavallerie, die Pioniere und Artillerie standen jedoch noch aus. Der Umbau dieser Waffen zur Perkussionszündung begann erst im Jahr 1842, zumindest lagen in diesem Jahr schon entsprechende Muster vor.
Die hier vorgestellte Pistole der hannoverschen Artillerie-Brigade ist erst 1844 aptiert worden. Dieser Pistolentyp war ursprünglich – noch in der Steinschlossversion – Standartwaffe der Kürassiere der hannoverschen Armee, die neben einem Pallasch auch zwei dieser glattläufigen Pistolen führten. Als ab 1815 die Waffenfabrik Crause in Herzberg die spezielle Kürassierpistole M 1815 lieferte, welche die bisher verwendeten ehemals englischen Pistolen New Land Pattern ersetzen sollten, wurden diese zurückgelieferten Pistolen an die Berittenen der hannoverschen Artillerie ausgegeben.
Der Umbau auf das Perkussionssystem in der Waffenfabrik Crause in Herzberg bei der New Land Pattern-Pistole war recht aufwändig. Zum einen hat man die alte Schwanzschraube entfernt und ein Stück des Laufs am hinteren Ende abgeschnitten. Dann wurde eine Schwanzschraube mit integriertem Pistonsockel und einem Haken am Ende eingeschraubt. Zusätzlich brachte man eine Basküle mit Aufnahme für den Haken der Patentschwanzschraube und mit einem quer verschiebbaren Sicherungsstift an. Dieser Stift oder Bolzen blockierte im eingelegten Zustand den speziell dafür geformten Perkussionshahn in der Ruhraststellung, wobei die Position des Hahns so gewählt war, dass ein auf das Piston aufgesetztes Zündhütchen nicht herunterfallen konnte.
Zusätzlich hat man am Eingang der Ladestockbohrung eine Messingplatte angebracht, die mit sechs Schrauben an der Unterseite des Vorderschafts fixiert wurde. Damit beugte man einem Ausreißen des Schafts an dieser Stelle beim Einschieben des Scharnierladestocks vor.
Abnahme und Verwendung
Dieser Gesamtumbau wurde zum einen durch die Gewehrfabrik insofern dokumentiert, als diese auf Lauf, Patentschwanzschraube und Basküle eine fortlaufende Tagebuchnummer einschlug, die dem Staat gegenüber als Basis für die Rechnungsstellung diente. Letztendlich wurde von einem Abnahmebeamten des Staatlichen Zeughauses Hannover die Abnahme der korrekt durchgeführten Änderungen bestätigt, indem er das Zeichen „R“ für „Revision“ auf der Patentschwanzschraube einschlug.
Der auf dem Schlossgegenblech der Pistole eingeschlagene Truppenstempel „A.B.B.58.“ dokumentiert, dass die Pistole als N°58 zum Bestand der zweiten reitenden Batterie der hannoverschen Artillerie-Brigade gehörte. Dort wurde sie von einem berittenen Mannschaftsdienstgrad vermutlich bis zur Auflösung der Armee des Königreichs Hannover nach der Schlacht von Langensalza im Jahr 1866 geführt.

Technische Daten und Maße
Abmessungen und Daten :
Gesamtlänge: 395 mm
Lauflänge: 228 mm
Schlosssystem: Perkussionsschloss
Kaliber: 16,45 mm
Züge: glatt
Gewicht: 1423 g
Beschreibung
Dunkler Nussbaum-Vollschaft mit Messingbeschlägen, diese bestehend aus einer bei der Perkussionierung am Beginn der Ladestockbohrung angebrachten und mit sechs Schrauben fixierten Messingblechverstärkung, halber Vorderschaft-Abschlusskappe, Abzugsbügel mit vorderer und hinterer Verlängerung, Kolbenkappe mit seitlich angedeuteten Sporen und s-förmigem, flachem, in das Schaftholz bündig eingelegtem Schlossgegenblech. Aptiertes Perkussionsschloss mit entsprechendem, typisch hannoverschem Perkussionshahn. Runder Lauf mit bei der Perkussionierung angebrachter Patentschwanzschraube ohne Visiereinrichtung. Eisernes Ovalkorn auf dem Lauf, 19mm hinter der Mündung. Durch die Patentschwanzschraube quer zur Laufachse verschiebbarer Sicherungsstift, der im eingelegten Zustand den Hahn in der Ruhrast blockiert. Lauf/Schaft-Verbindung durch Kreuzschraube und einen Laufschieber mit Öse an der Laufunterseite. Eiserner Ladestock mit großem Kopf im Scharnier an der Laufunterseite, 5mm hinter der Mündung. Nicht drehbare, eiserne Fangriemenöse an der Kolbenkappe.
Stempel und Signaturen
Auf dem Schlossblech die Signatur „TOWER“ links vom Hahn und „Krone“ über „GR“ in der Mitte des Schlossblechs. Rechts daneben Marke „Broad Arrow“ als Zeichen des ursprünglich britischen Staatsbesitzes.
Truppenteilsignatur „A.B. B.58.“ am Schlossgegenblech.
Tagebuchnummer der Änderung „49“ an Lauf und Patentschwanzschraube und Basküle.
„R“ als Abnahmestempel des Staatlichen Zeughauses Hannover an der Patentschwanzschraube.
Literatur
- Beilage zum Militär-Wochenblatt für das Deutsche Bundesheer, Nr. 15, 1860
- Auszug aus Nachrichten über die Bewaffnung der hannoverschen Truppen, Hannover 31.08.1853
- Vollmer, Udo, Die Armee des Königreichs Hannover, Schwäbisch Hall 1978
- Vollmer, Udo, Deutsche Militär-Handfeuerwaffen, Heft 8, Hannover, Biberach/Riss 2005
- Reitzenstein, J. Freiherr v., Die Königlich Hannoversche Cavallerie und ihre Stammkörper bis 1866, B.-Baden 1892